Momentaufnahmen 2017

Ein Taufstein geht auf Wanderschaft

Im Januar geht ein 500 Kilogramm schwerer Taufstein von Hülsede im  Landkreis Schaumburg auf die Reise nach Wittenberg. Dort wird er in der Ausstellung „Erlebnisraum Taufe“ ausgestellt, mit dem sich die Landeskirche vom 20. Mai bis 10. September auf der „Weltausstellung Reformation“ präsentiert. Der Stein aus der Hülseder Sankt-Aegidien-Kirche stammt aus dem 15., vielleicht sogar aus dem 13. oder 14. Jahrhundert und fasst mehr als 100 Liter Wasser. Im „Erlebnisraum Taufe“ erinnert er die Besucherinnen und Besucher an die Taufe. Die „Weltausstellung Reformation“ mit dem Titel „Tore der Freiheit“ startet wenige Tage vor Beginn des 36. Deutschen Evangelischen Kirchentags. An sieben symbolischen Toren rund um die Altstadt in Wittenberg öffnen Ausstellungen. Themen sind Spiritualität, Jugend, Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung, Globalisierung, Kultur sowie Ökumene und Religion.

Wiedereinweihung der zerstörten Willehadikirche

Im Februar wird mehr als dreieinhalb Jahre nach einem verheerenden Großbrand die evangelische Willehadikirche in Garbsen bei Hannover wieder eingeweiht. Die alte Kirche, ein roter Klinkerbau aus dem Jahr 1969, war in der Nacht zum 30. Juli 2013 durch Brandstiftung niedergebrannt. „Der Schrecken ist gewichen und der Blick nach vorne gerichtet in der Gewissheit: Nein, wir wollen nicht ohne eine Kirche leben!“, sagte der hannoversche Landesbischof Ralf Meister im Einweihungsgottesdienst. Zahlreiche Spuren erinnern noch an den damaligen Brand. So stehen in einem „Garten der Erinnerung“ rund um die Kirche noch einige Original-Mauerreste. Auch eine bronzene Christus-Skulptur aus der alten Kirche wurde in den Neubau integriert.
Sie war bei dem Brand weitgehend unbeschädigt geblieben.
Die neue Kirche kostet nach Angaben der Gemeinde rund 2,3 Millionen
Euro. Hinzu kommen rund 700.000 Euro für die Innenausstattung einschließlich einer neuen Orgel. Den größten Teil der Kosten trägt die Versicherung.

Ökumenischer Gottesdienst soll „Erinnerung heilen“

Im März reist viel Prominenz nach Hildesheim: Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm, Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland,
und Kardinal Reinhard Marx, Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz, leiten einen ökumenischen Versöhnungsgottesdienst in der Michaeliskirche. Sie ist ein symbolträchtiger Ort, denn sie ist die zweitälteste „Simultankirche“ Deutschlands, die Protestanten und Katholiken bereits seit 1542 gemeinsam
nutzen. Unter dem Motto „Healing memories“ bekennen die beiden obersten Repräsentanten der evangelischen und der katholischen Kirche die Schuld ihrer Kirchen, bitten um Vergebung und betonen die heutige Verbundenheit der Konfessionen. Unter den 400 geladenen Gästen sind Bundeskanzlerin
Angela Merkel, Bundespräsident Joachim Gauck, Bundestagspräsident
Norbert Lammert und der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil.

Konfirmandenflotte sticht in See

Im April stechen fast 600 Konfi rmanden und Ehrenamtliche auf 22 Segelschiffen in See. In den Osterferien kreuzen sie über das niederländische Ijsselmeer und verbringen gemeinsame Tage zwischen Segel, Kombüse und Koje. Seit mehr als zehn Jahren organisiert die evangelische Jugend aus der Region zwischen Elbe und Weser jeweils in den Osterferien eine Konfi rmandenfl otte, die mit der Zeit immer größer geworden ist. Mittlerweile ist sie zu einem wichtigen Bestandteil der Konfi rmandenarbeit in vielen Gemeinden des Kirchenkreises Wesermünde geworden. Im Mittelpunkt steht zwar das Bordleben, aber auch in den Häfen sind große Aktionen geplant wie ein gemeinsamer Gottesdienst oder ein „Abend der Begegnung“. Mit Berichten, Videos, Fotos und Podcasts berichten die Konfi rmandinnen und Konfi rmanden über ihre Flotte im Internet. Für die Aktion gibt es sogar eine eigene Smartphone-App unter dem Stichwort „freun.de“.

Künstler nennt Christen und Juden „Geschwister“

Im Mai wird in Hannover die Skulptur „TWINS – ZWILLINGE“ des belgischen Künstlers Johan Tahon enthüllt. Die evangelische Landeskirche hatte Künstler dazu aufgerufen, Entwürfe zum Thema „ecclesia und synagoga“ („Kirche und Synagoge“) vorzulegen. Bei der Enthüllung des Denkmals erklärte die Präsidentin des Landeskirchenamtes, Dr. Stephanie Springer, die Bronze-Skulptur stelle Kirche und Synagoge als zwei Frauen dar, die mit einer Bibel oder einer Tora in der Hand die beiden Religionen verkörperten. Die neue Skulptur solle einen Dialog auf Augenhöhe zwischen Juden und Christen verkörpern. Damit sollte eine Änderung der Kirchenverfassung von 2013 versinnbildlicht werden, in der es heißt, die Kirche sei „durch Gottes Wort und Verheißung mit dem jüdischen Volk verbunden." Die Skulptur steht nun zwischen dem Landeskirchenamt, der Neustädter Hof- und Stadtkirche und der in der Reichspogromnacht 1938 abgebrannten Synagoge.

Neues Projekt rückt Umweltschutz in den Mittelpunkt

Ungewöhnliche Neuanstellung im Haus kirchlicher Dienste: Ein Umweltingenieur und eine Umweltpädagogin beraten seit Juni kirchliche Kindertagesstätten zum Thema „Klimaschutz“. Tobias Pütz und Anna Elisabeth Schöps begleiten während der nächsten vier Jahre kirchliche Kitas und helfen, Energie einzusparen. Zum Auftakt sind 60 Kindertagesstätten an dem Projekt beteiligt, das vom Bundesumweltministerium weitgehend gefördert wird. Schöps entwickelt Programme zur Umweltbildung bei Kindern und qualifi ziert
Mitarbeitende in Kindertagesstätten für dieses Thema. Pütz widmet sich als Umweltingenieur dem technischen Part des Projekts und damit dem Energieverbrauch, den Gebäuden und der Haustechnik. Um die Ziele der Landeskirche zur Reduzierung von Treibhausgasen im Gebäudebereich zu erreichen – 30 Prozent Einsparung bis zum Jahr 2030 gegenüber 2015 –
müssen in allen Gebäuden, auch in Kitas, Strom- und Wärmebedarf durch Energieeinsparung verringert werden.

„Peacetrain“ rollt durch Großbritannien

Im Juli starten die evangelische Kirche und die Gedenkstätte auf dem Gelände des ehemaligen NS-Kriegsgefangenenlagers in Sandbostel eine Versöhnungsreise unter dem Titel „Peacetrain“. Mit der Sommer-Tour durch Großbritannien wollen Jugendliche ein Zeichen des Friedens und der Freundschaft setzen. Mit drei Kleinbussen fahren 22 junge Leute zusammen mit vier Teamern auf die Insel und treffen in Großbritannien auf Menschen, die an der Befreiung des Kriegsgefangenenlagers Sandbostel im Jahr 1945 beteiligt waren. Die Reisegruppe macht auch im schottischen Comrie Halt, um sich dort über die Geschichte des ehemaligen Kriegsgefangenenlagers für deutsche Soldaten in Cultybraggan zu informieren. Weitere Stationen des Roadtrips sind unter anderem Liverpool, Coventry und London. Das Projekt „Peacetrain“ wurde bereits 2015 als Versöhnungsreise in das Nachbarland Polen angeboten.

128 Täuflinge beim Wesertauffest

Wer kann schon von sich sagen, dass er in einem Fluss getauft wurde? Seit 2017 können das einige Menschen mehr behaupten: Denn an einem Sonntag im August fi ndet im Bremerhavener Weserstrandbad das vierte Tauffest statt. Noch nie gab es in der hannoverschen Landeskirche ein Tauffest mit einer so hohen Zahl an Täufl ingen – insgesamt 128 Menschen im Alter von 0 bis 44 Jahren lassen sich taufen. Die meisten Täufl inge wohnen in Bremerhaven, aber auch aus weiter entfernten Städten wie Hannover und Köln sind einige Tauffamilien angereist. Grund seien die Atmosphäre, der Fluss und der Strand wurde in den Taufgesprächen gesagt. Beteiligt sind insgesamt 18 taufende Pastorinnen und Pastoren bzw. Pfarrer aus vier Konfessionen. Neben evangelisch-lutherischen Gemeinden beteiligen sich auch die unierte, die evangelisch-reformierte sowie die katholische Gemeinde. Die Initiative lehnt
sich an die biblisch überlieferte Taufe Jesu im Jordan an. Das Motto des Tages lautet „Glaube trägt. Du bist gehalten“.

Kirchen beim Tag der Niedersachsen

Bei bestem Wetter feiern mehr als 300.000 Besucherinnen und Besucher im September den „Tag der Niedersachsen“. Auf einer 1,7 Kilometer langen Festmeile in Wolfsburg stellen sich Vereine, Verbände und Organisationen vor – unter ihnen auch die Kirchen. Unter dem Motto „Mehr Himmel auf Erden“ erkunden Besucherinnen und Besucher die Welt des Glaubens. Zu sehen ist auch ein „Kirchenmobil“ mit einem Dutzend Sitzplätzen und einem klappbaren Kirchturm. Auf einer „Bevor-ich-sterbe-Wand“ werden letzte Wünsche und Aufgaben notiert. Am Stand der Friedensarbeit wird aus dem Kanonenrohr eines Leopardpanzers ein Kreuz geschmiedet. Am Samstag präsentieren die evangelischen Kirchen in Niedersachsen ein Gratiskonzert mit dem Sänger
und Songwriter Tim Bendzko. Am Sonntag erklingt festliche Musik bei einem ökumenischen Freiluft-Gottesdienst mit 800 Menschen vor dem Wolfsburger Rathaus.

Andacht testet Raumklima

Im Oktober testet eine Andacht das Raumklima einer Kapelle. Anlass ist ein Besuch von Landesbischof Ralf Meister zum 500. Reformationsjubiläums in der 1485 errichteten Kapelle im Residenzschloss Celle. Auf einer Grundfl äche von neun mal 14 Metern gibt sie einen Eindruck davon, wie sich die Lehren Martin Luthers in der Ausstattung eines Kirchenraumes niederschlugen. Seit 1995 kann die Kapelle allerdings nur durch eine Glasscheibe besichtigt werden, da die Atemluft der bis zu 70.000 Besucher pro Jahr zu Schimmelbefall und  abgeplatzten Grafi ken geführt hatten. Bei der Andacht des Landesbischofs wurde die Klimaschwankung in dem empfi ndlichen Raum aufgezeichnet und wissenschaftlich ausgewertet. Der landeskirchliche Baudirektor Werner Lemke erhofft sich Erkenntnisse für die insgesamt 1066 Kirchen und Kapellen der evangelischen Landeskirche. Klimaschwankungen seien ein hoher Kostenfaktor bei der Instandsetzung.

Erinnerung an verstorbene Obdachlose

Im November wird in der Marktkirche in Hannover an 32 verstorbene Wohnungslose erinnert. Die Namen der 24 Männer und 8 Frauen werden verlesen und für jeden und jede eine Kerze angezündet. In Hannover leben den Angaben zufolge rund 450 Menschen auf der Straße. Weitere 4.000 Menschen kommen ohne gesicherte Mietverhältnisse bei Freunden oder Bekannten unter. Grundbedürfnisse wie Hygiene, ausreichend Schlaf und feste Mahlzeiten werden nicht regelmäßig erfüllt. Die Gesundheit von Menschen ohne festen Wohnsitz ist deshalb oft in schlechtem Zustand und ihre durchschnittliche Lebenserwartung geringer als die von anderen. Der Gottesdienst zur Erinnerung an Wohnungslose findet zum sechsten Mal statt. Ende November beginnt außerdem die Vorbereitung der ökumenischen Essensausgabe. Zum 30. Mal werden dann ab 1. Dezember kostenlose warme Mahlzeiten an Wohnungslose und andere Menschen in Not ausgeteilt. Bis März wollen ehrenamtliche Helfer rund 16.000 Mahlzeiten ausgeben.

Et bechaff sekk aber tau de Tied ...

Et bechaff sekk aber tau de Tied, datt aan Befehl von den Kaiser Augustus uutjing – so beginnt die Weihnachtsgeschichte im Dezember in einem plattdeutschen Krippenspiel in Hevensen und Moringen bei Göttingen. Von den knapp 8 Millionen Niedersachsen sprechen 16,9 Prozent gut oder sehr gut. Die plattdeutsche Sprache hilft, die Botschaft der Bibel in die Lebenswirklichkeit der Menschen hineinzutragen. Davon sind die etwa 300 Theologen, Lektoren und
Prädikanten, die sich in der seit 55 Jahren bestehenden Arbeitsgemeinschaft
„Plattdüütsch in de Kark“ Niedersachsen/Bremen engagieren, überzeugt. Plattdeutsch ist eine direkte und deutliche Sprache. Bibeltexte und Glaubensinhalte werden deshalb „op Platt“ oft ganz neu wahrgenommen und plattdeutsche Gottesdienste in den letzten Jahren immer stärker nachgefragt und – auch von kirchenfernen Menschen – sehr gut besucht.