
„Die heißt Forelle, wie der Fisch“, erklärt Simon Albrecht, Milchviehmanager auf dem Lehr- und Forschungsgut Ruthe. Milchviehmanager? Ja, so nenne man heute Menschen, die sich um Milchkühe kümmern. Die Industrialisierung der Landwirtschaft, sie beginnt schon bei der Benennung ihrer Berufe. 90 Milchkühe stehen auf dem Forschungsgut der Tierärztlichen Hochschule Hannover.
Die Kuh mit der Ohrmarke „DE 03 541 14156“ ist heute zum Erntedankgottesdienst nach Hildesheim gekommen. Doch sie trägt nicht nur eine Zahlenfolge, die für Laien unverständlich ist, sondern einen richtigen Namen. Denn in Ruthe, so sieht das Christian Sürie, Leiter der Einrichtung, sind die Kühe mehr als nur Nutztiere, die man ausbeutet. „Wir müssen den Menschen den Kontakt zu den Tieren zurückgeben, um zu verstehen, was sie für uns bedeuten“, erklärt Sürie.
Ein Name scheint die Kontaktaufnahme zu vereinfachen. Forelle ist fünf Jahre alt. Mit ihrer Milch ernährt sie 17 Menschen. Heute Morgen wurde sie um 5:30 Uhr zum ersten Mal gemolken. „Für die Ernährung der Menschen arbeitet sie jeden Tag und keiner denkt darüber nach“, so Sürie. Gemeinsam mit Superintendent Helmut Aßmann und Pastor Detlef Albrecht hatte er deshalb die Idee, den Erntedankgottesdienst besonders anschaulich zu gestalten. Nicht nur zu schauen, wo kommen Gemüse, Obst und Getreide her, sondern was leisten die Tiere?
Während Forelle draußen ein paar Runden dreht, geht es im Gottesdienst um die Frage nach dem richtigen Leben. Wie geht man achtungsvoll mit Lebewesen um? Was bedeutet es, dass jeder Mensch in Deutschland im Schnitt 80 Kilogramm Lebensmittel wegwirft? „Da ist etwas verrutscht“, sagt Superintendent Helmut Aßmann. Er appelliert daran, sich ins Verhältnis zu setzen mit dem, was man erhält: „Die Kuh gibt uns nicht nur Milch, sondern sie dient uns.“