Eine Welt. Ein Klima. Eine Zukunft.

Dr. Dagmar Pruin, Präsidentin von „Brot für die Welt“ und der Diakoniekatastrophenhilfe, hat am Donnerstag in einem Grußwort vor der hannoverschen Landessynode Stellung zur aktuellen Arbeit genommen. Dabei ließ sie an der Bedrohung der Menschheit durch die Klimakatastrophe keinen Zweifel - und doch hatte sie in ihrem knapp einstündigen Vortrag auch hoffnungsvolle Nachrichten im Gepäck.
Sie sei gerade von der Weltklimakonferenz im ägyptischen Sharm El Sheikh zurückgekehrt, so Pruin, wo eine 250-köpfige deutsche Delegation von „Brot für die Welt“ mit Partnerorganisationen des globalen Südens erfolgreich dafür eingetreten sei, einen Fond für „loss and demages“ einzurichten. Dieser Fond, der den besonders vom Klimawandel betroffenen Ländern helfen soll, die Schäden durch den Klimawandel zu bewältigen, sei nun erstmals in der Geschichte der Klimakonferenzen beschlossen worden. "Bislang war es auf Klimakonferenzen dieser Art gänzlich unmöglich, über einen solchen Fond überhaupt zu sprechen."
Dieser Erfolg stehe der Enttäuschung gegenüber, dass es keine Beschlüsse zur Reduzierung der Nutzung von fossilen Energieträgern gegeben habe. „Damit aber Menschen Brot bekommen, ist die Beschäftigung mit dem Klimawandel die Voraussetzung. Denn die Länder des globalen Südens leiden jetzt schon massiv unter den Veränderungen durch den Klimawandel. Die Erfolge der Entwicklungsarbeit der letzten Jahrzehnte sind massiv gefährdet durch die Klimaveränderungen.“ Der Klimawandel, so die Theologin, sei bereits heute einer der Hauptgründe für Fluchtbewegungen weltweit.
In 80 Ländern ist „Brot für die Welt“ mit lokalen Partnern in Projekten aktiv, von denen Pruin zwei konkreter vorstellte. In Bangladesch werde mit Kleinbäuerinnen und Kleinbauern daran gearbeitet, wie trotz zunehmender Überschwemmungsgefahr Landwirtschaft durch salzresistentes Saatgut oder Hochgärten möglich sei. In Ägypten werden Landwirte beim Anbau von Kartoffeln ohne Einsatz von teuren Düngemitteln unterstützt.
Seit 2012 sind „Brot für die Welt“ und die Diakoniekatastrophenhilfe unter einem Dach vereint. Und so berichtete Dagmar Pruin in ihrem Grußwort auch über die Arbeit der Katastrophenhilfe, die in diesem Jahr besonders in der Unterstützung für Menschen in der Ukraine infolge des russischen Angriffskrieges engagiert ist. „Seit September können wir mit zwei Konvois monatlich in das Land hinein, aber nur bis an die Grenze zur Ostukraine.“ Für die humanitäre Hilfe sei allein das Ausmaß der Not entscheidend und keine weiteren Kriterien wie Religionszugehörigkeit oder ethnische Herkunft.
In Deutschland seien in diesem Jahr 70 Millionen Euro an die Diakoniekatastrophenhilfe zur Unterstützung der Ukraine gespendet worden. „Wir sind nicht nur in der Ukraine selbst tätig, sondern auch in Nachbarländern wie Rumänien, Moldau und Polen, in denen viele Geflüchtete leben. Dort verteilen wir Decken, Hygieneartikel und Notfall-Sets, helfen aber auch mit Bargeld den geflüchteten Frauen und Kindern, die oft nur mit einem kleinen Koffer ihr Land verlassen haben.“ Dies in der Hoffnung, schon bald wieder nachhause zurückkehren zu können.
Für die Arbeit von „Brot für die Welt“, aber auch die der Diakoniekatastrophenhilfe sei „ein langer Atem“ nötig. Denn über viele Krisen werde medial gar nicht langfristig berichtet. „Vor allem von Hungerkatastrophen wie beispielsweise aktuell der in Afghanistan ist nur selten etwas zu lesen. Vor allem dann nicht, wenn es keine Lösungen für diese Krisen gibt.“
Bedauerlich, so Pruin, sei es, dass entgegen den Vereinbarungen im Koalitionsvertrag die Bundesregierung in ihrem Haushaltsplan für das nächste Jahr keine erhöhten finanziellen Mittel für Entwicklungsarbeit zur Verfügung stelle. Gleichwohl sei Deutschland inzwischen innerhalb der OSZE das einzige Land, das überhaupt noch ein Entwicklungsministerium habe.
Ihre Erfahrung der letzten zwei Jahre seit ihrem Amtsantritt: „Unsere Lobbyarbeit für die Ärmsten und Schwächsten weltweit ist eine ständige Aufgabe, auch gerade in der Konferenz zur Ernährungssicherheit der Bundesregierung. Zunehmend kennen sich Politikerinnen und Politiker auch mit kirchlicher Arbeit nicht mehr aus. Auch hier sind wir immer wieder gefordert, unsere Arbeit zu erklären und zu erläutern.“
Es gehe darum, politische Kompromisse auszuhandeln zwischen dem globalen Klimaschutz und der weltweiten Ernährungssicherheit auf der einen Seite und den nationalen Herausforderungen und Interessen auf der anderen Seite.
Für die Finanzierung der Arbeit von „Brot für die Welt“, so die Präsidentin, seien gerade die Spenden aus den Kirchengemeinden in der Advents- und Weihnachtszeit eine der wichtigsten Säulen. „Wir erhalten aber auch einen Großteil unserer finanziellen Mittel durch den Kirchlichen Entwicklungsdienst, der wiederum von der Bundesregierung finanziert wird.“ Dieses Geld, so die Pastorin, müsse allerdings gegenfinanziert werden. „Für einen Euro, den wir in unserer Arbeit einsetzen, müssen wir 20 Cent selbst einbringen.“
Mit Blick auf die am 1. Advent beginnende nunmehr 64. Spendenaktion für „Brot für die Welt“ erläuterte Pruin eindrücklich ihre Sorge. "In den kommenden Wochen erzielen wir bislang in der Regel die Hälfte unserer jährlichen Spendeneinnahmen." Die Kostenbelastung der Menschen werde sich sicherlich auch dort bemerkbar machen. Die Aktion beginnt in Oldenburg mit einem Fernsehgottesdienst. Sie steht in diesem Jahr unter dem Motto „Eine Welt. Ein Klima. Eine Zukunft“.
In der anschließenden Aussprache unterstrichen die Synodalen Dr. Karin Köhler (Sprengel Hildesheim-Göttingen) und Ruth Scheffler-Hitzegrad (Sprengel Stade) die große Bedeutung der Arbeit von „Brot für die Welt“ beim Blick über „den eigenen Tellerrand hinaus“ sowie in der Bildungsarbeit. Dr. Jörg Zimmermann (Sprengel Lüneburg) dankte für die „tour d’horizon“ und bot weiterhin produktiven und kritischen Dialog mit der Synode an. Auf die Frage von Steffen Creydt (Sprengel Hildesheim-Göttingen) nach Möglichkeiten der Konfliktprävention zwischen Staaten, lautete die Antwort von Dagmar Pruin: „Gerade die präventive Arbeit von zivilen Friedensdiensten und die Unterstützung von zivilgesellschaftlichen Akteurinnen und Akteuren ist so wichtig, damit Konflikte schon im Entstehen anders gelöst werden können als durch Gewalt. Auch wenn klar ist, dass der Krieg Russlands gegen die Ukraine so nicht hätte verhindert werden können.“