Viele spannende Erfahrungen
Wenn etwas typisch evangelisch ist, dann ist es die Synode. In der katholischen Kirche trifft der Bischof die maßgeblichen Entscheidungen. In der evangelischen Kirche dagegen haben die Gemeinden ein wichtiges Wort mitzureden. Das tut die hannoversche Landessynode seit genau 150 Jahren. Am 6. Oktober 1863 kamen im „Ständehaus“ in Hannover erstmals 72 Herren zur „Vorsynode“ zusammen – damals noch unter dem Vorzeichen der Staatskirche.
Historiker sehen in der Vorsynode den entscheidenden Schritt zur Bildung
der hannoverschen Landeskirche überhaupt. Denn das Königreich Hannover, das ihr die Grenzen vorgab, bestand nur 52 Jahre. Es ging 1814 aus früheren Fürstentümern hervor, die bis dahin untereinander nur wenig Zusammenhalt hatten, und verschwand schon 1866 nach dem Einmarsch der Preußen von der politischen Bildfläche. Nach Meinung von Professor Hans Otte ist es der Synode und dem drei Jahre später gegründeten Landeskonsistorium zu verdanken, dass sich die lutherischen Gemeinden auf hannoverschem Gebiet bis heute zusammengehörig fühlen.
Seit 1863 haben bisher 24 Landessynoden Gesetze geschmiedet, Haushalte verabschiedet und Bischöfe gewählt. Und sie haben dabei Mut bewiesen, als sie etwa 1999 eine 41 Jahre junge Theologin namens Margot Käßmann als erste Frau zur Bischöfin der größten deutschen Landeskirche wählten. Als Käßmann 2010 zurücktrat, gab es eine weitere Premiere: Hans-Hermann Jantzen wurde zum ersten und bisher einzigen Bischofsvikar der Landeskirche, bis mit Ralf Meister ein neuer Bischof gewählt war.
Dass Gemeinden in der Kirchenleitung mitreden dürfen, geht theologisch auf Luthers Lehre vom allgemeinen Priestertum der Gläubigen zurück. Politisch gesehen hatte auch die Demokratiebewegung im 19. Jahrhundert einen maßgeblichen Anteil. In den 150 Jahren der Landessynode hat die Landeskirche viele spannende Erfahrungen mit der Demokratie in den eigenen Reihen gemacht. Einige Einblicke gibt Ihnen diese Ausgabe zum Jubiläum.