
Jede Kirche ist ganz Kirche, aber keine ist die ganze Kirche. Sie ist vollwertig, aber nicht vollständig. Das gilt für eine evangelisch-lutherische oder evangelisch-reformierte Landeskirche ebenso wie für die römisch-katholische Weltkirche, für evangelische Freikirchen ebenso wie für orthodoxe Kirchen. Und so gehören wechselseitige Beziehungen der Gemeinden und Kirchen – also Ökumene – zum Wesen jeder Gemeinde und jeder Kirche.
Gemeinden und Kirchen können miteinander feiern, voneinander lernen, einander bereichern und korrigieren. So haben wir als evangelisch-lutherische Kirche, angestoßen von der römisch-katholischen Kirche, die Leiblichkeit des Glaubens und die Relevanz von Gesten wieder schätzen gelernt; in diesem Sinne erlebt das Pilgern eine Renaissance. Die orthodoxen Kirchen haben uns die Bedeutung der Liturgie neu bewusst gemacht. Der Herrnhuter Brüdergemeine verdanken wir die Tageslosungen. Die Mennoniten haben uns eingeschärft, dass die Kirchen zum Einsatz für Frieden verpflichtet sind. Von Freikirchen lernen wir die Kraft des freien Gebets.
Ökumene stärkt die Glaubwürdigkeit dessen, wofür Christinnen und Christen einstehen. Und: Zusammengelegte Kräfte sind oft effektiver.
Gleichzeitig setzt das Selbstverständnis der einzelnen Kirchen dem Grenzen, was Gemeinden und Kirchen miteinander tun können. Aber: Viel ist möglich.