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Christliche Trauerwege

Warum und worum getrauert wird

Immer und immer wieder werden in der Zeit des Trauerns Bilder des verstorbenen Menschen vor Ihrem inneren Auge lebendig werden, Szenen Ihres gemeinsamen Lebens. Das ist gut so. Erinnern Sie sich. Was hat mir der verstorbene Mensch bedeutet? Was habe ich an ihm oder mit ihr verloren? Sich diese Fragen zu beantworten, sich den damit verbundenen Gefühlen zu stellen, gehört zu den Kernaufgaben der Trauerarbeit. Sie machen sich dadurch bewusst, welchen Sinn Ihre Geschichte mit dem verstorbenen Menschen für Ihr eigenes Leben hat und was Ihnen überhaupt im Leben wichtig und wesentlich ist. Vielleicht sehen Sie jetzt, nach seinem Tod, noch einmal neu und anders, was Sie an dem Menschen hatten, um den Sie trauern – und möglicherweise auch, was Sie nicht hatten.

Wer trauert, hat Grund zum Dank für Gehabtes, Geschenktes, Erfülltes und Grund zur Klage über Verlorenes, Versäumtes und unerfüllt Gebliebenes. Das Gebet ist eine Form, in der Sie Ihrem Dank und Ihrer Klage Ausdruck und einen Adressaten geben können; die Psalmen, die in der Mitte der Bibel stehen, bieten über Jahrtausende bewährte Sprachhilfen. Wenn Sie das Gefühl haben, genug geklagt und gedankt zu haben, fragen Sie sich auch: Was von dem, was der verstorbene Mensch mir bedeutet hat, bleibt mir, auch wenn er oder sie nicht mehr lebt? Und was außer ihm oder ihr hat in meinem Leben Bedeutung, die mich auch jetzt noch trägt?

Warum und worum genau jemand trauert, kann sehr verschieden sein. Wie getrauert wird Trauer verläuft nicht immer gleich oder ähnlich, im Gegenteil: Sie ist so individuell und verschieden wie die Menschen, die trauern. Auf die äußeren Veränderungen im Trauerfall reagieren Betroffene mit den unterschiedlichsten Veränderungen auf allen Ebenen ihres Person-Seins: körperlich, seelisch und in ihrem Verhalten.

Die Reaktionen können sehr tief greifend (hohes Erkrankungsrisiko) und anhaltend (drei, fünf oder mehr Jahre) sein. Oft treten mehrere verschiedene, teils gegenläufige Reaktionen bei ein und derselben Person auf, nacheinander, durcheinander oder abwechselnd, jedoch durchaus ohne vorhersagbare Regelmäßigkeiten – das ganz normale Chaos der Trauer. Viele Hinterbliebene haben nach dem Verlust eines ihnen nahe stehenden Menschen Panikattacken, andere suchen sofort Ersatzbeziehungen. Die einen reagieren rastlos, überaktiv, andere fühlen sich wie gelähmt. Die einen neigen zu Depression und Selbsttötungsgedanken, andere betäuben sich mit Alkohol und Tabletten. Wieder andere erleiden Herz-, Atemwegs- oder andere Erkrankungen. Manche magern ab – andere werden dick; die Dritten spüren sich selbst stärker und entwickeln neues Körper und Selbstbewusstsein.

Einige gehen auf Reisen, andere igeln sich ein; einige kleben Fotoalben, andere beginnen, ihr Leben neu zu ordnen, werden kreativ und blühen auf. Weil sie so unterschiedlich trauern, können Hinterbliebene einander helfen, verschiedene Bewältigungsmöglichkeiten voneinander zu lernen, oder gerade nicht helfen, weil ihnen die Reaktionen der anderen zu fremd und unverständlich sind. Es kann schmerzlich, aber auch befreiend sein, dass Betroffene so unterschiedlich reagieren. Glauben Sie nicht, alle müssten ähnlich bzw. „richtig“ trauern.

Erwarten Sie keine bestimmten „Phasen“. Erlauben Sie sich und anderen den eigenen Trauerstil, den eigenen Trauerweg, die eigene Trauerzeit.

Pastor Edzard Stiegler: Vom christlichen Umgang mit Sterben und Tod, Matthäus Kurier No. 144

Wie geht es weiter?

Schon kleine Kinder wissen, dass Gott nicht hinter den Wolken wohnt. Aber, da, wo er ist, will nach dem Tod auch ich sein. Warm, sicher, geborgen.

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