Startseite Archiv Pressemitteilung vom 17. Oktober 2022

Vorwurf der sexualisierten Gewalt gegen verstorbenen Pastor: Aufarbeitungskommission startet mit ihrer Arbeit

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Gegen den 2011 verstorbenen Pastor Klaus Vollmer aus Hermannsburg gibt es den Vorwurf, er habe in den 1980er Jahren als Leiter einer von ihm gegründeten Bruderschaft seine Macht für sexuelle Beziehungen zu Mitgliedern dieser Bruderschaft missbraucht und an mindestens einer minderjährigen Person mehrfach sexualisierte Gewalt ausgeübt.

Die Evangelische Geschwisterschaft e.V., die aus der Bruderschaft hervorgegangen ist, hatte im Jahr 2017 eine Untersuchung in Auftrag gegeben, deren Ergebnisse ab Herbst 2020 zunächst der Geschwisterschaft und dann der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden sind. Dabei wurde neben dem Machtmissbrauch innerhalb der Geschwisterschaft auch die Ausübung sexualisierter Gewalt deutlich.

Im Februar 2022 hat die Landeskirche Hannovers beschlossen, eine unabhängige Aufarbeitungskommission zu beauftragen, die das Handeln von Klaus Vollmer als Pastor der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers und die aufsichtliche Begleitung durch die Landeskirche untersuchen soll. Diese Kommission hat zum 15.10.2022 ihre Arbeit aufgenommen.

Die Mitglieder dieser Kommission arbeiten selbstständig und in völliger Unabhängigkeit. Für ihre Untersuchung arbeiten die Kommissionsmitglieder mit Akten und anderen Dokumenten der Landeskirche, anderer kirchlicher Stellen und der Geschwisterschaft. Sie führen Interviews mit Beteiligten, Betroffenen, möglichen Zeug*innen und Zeitzeug*innen.

Die Kommission wird sich nach einer Einarbeitungsphase mit einem Aufruf im Januar 2023 an die Öffentlichkeit wenden, um Betroffenen eine direkte Kontaktmöglichkeit zu ermöglichen. Alle Meldungen werden von der Kommission vertraulich behandelt. Anonymität wird zugesichert. Diese Bitte gilt auch für all jene, die Zeug*innen sexueller Übergriffe geworden sind oder einen entsprechenden Verdacht hatten bzw. haben. Bis zum Aufruf der Kommission können sich Betroffene oder Zeug*innen an die Fachstelle Sexualisierte Gewalt der Landeskirche Hannovers wenden. Diese Meldungen an die Fachstelle werden anonym oder mit Kontaktdaten an die Kommission weitergeleitet, wenn der Weitergabe der Daten zugestimmt wird.

Die Landeskirche und bei Bedarf andere kirchliche Stellen werden den Mitgliedern der Kommission uneingeschränkt Einsicht in alle Akten und Dokumente gewähren. Kirchliche Mitarbeitende werden von ihrer dienstlichen Verschwiegenheitspflicht befreit, um den Mitgliedern der Kommission Auskunft zu geben. Die Fachstelle Sexualisierte Gewalt im Landeskirchenamt unterstützt die Kommission, indem sie die erforderlichen Informationen und Kontaktdaten bereitstellt und zur Beantwortung von Fragen und Anliegen zur Verfügung steht.

Die Untersuchung soll bis zum Oktober 2024 abgeschlossen sein. Den Abschlussbericht übergibt die Kommission der Landeskirche, die sich verpflichtet, den vollständigen Bericht gemeinsam mit der Kommission innerhalb von 14 Tagen nach Erhalt der Öffentlichkeit vorzustellen und zugänglich zu machen.

In ihrer Untersuchung soll die Kommission die Tatsachen, Ursachen und Folgen von sexualisierter Gewalt erfassen, die Klaus Vollmer neben seinem Machtmissbrauch innerhalb der Bruderschaft insbesondere gegenüber minderjährigen Personen ausgeübt hat. Die aufsichtliche Begleitung seines Dienstes einschließlich seiner internationalen Betätigung und seiner Tätigkeiten im Ruhestand durch verantwortliche Personen und Stellen in der Landeskirche wird ebenso Gegenstand der Kommissionsarbeit sein wie die Identifikation von Strukturen, die den Machtmissbrauch und die von ihm ausgeübten Taten sexualisierter Gewalt ermöglicht oder erleichtert haben. Abschließend wird es Empfehlungen geben, die in die landeskirchliche Präventionsarbeit mit einfließen.

Die Präsidentin des Landeskirchenamtes, Dr. Stephanie Springer, sagt: "Die Aufarbeitung im vorliegenden Fall ist sehr komplex und berührt unterschiedliche Felder kirchlichen Handelns. Die externen Fachleute, die der Kommission angehören, bringen hierfür die notwendige Expertise und Unabhängigkeit mit. Als Landeskirche werden wir die Kommission uneingeschränkt unterstützen und verpflichten uns, die Ergebnisse vollständig der Öffentlichkeit zugänglich zu machen."

Die Sprecherin der Kommission Eike Höcker sagt:
„Die Aufarbeitungskommission begrüßt die Initiative der Landeskirche, das Handeln des Pastors Klaus Vollmer und die aufsichtliche Begleitung durch die Landeskirche eingehend untersuchen zu lassen. Die Kommission wird allen erhobenen Vorwürfen nachgehen, etwaiges Fehlverhalten offenlegen und Empfehlungen zur Missbrauchsvorbeugung aussprechen. Hierzu ist die Kommission auf die Mitwirkung Betroffener und Zeug*innen angewiesen. Ein Aufruf zur Mitwirkung wird Anfang 2023 erfolgen.“

Mitglieder der Kommission

  • Dr. Georg Gebhardt, Direktor des Amtsgerichts Hameln
  • Susanne Hilbig, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin und Psychotherapeutin, 1. geschäftsführende Vorsitzende des Niedersächsischen Instituts für systemische Therapie und Beratung Hannover (NIS)
  • Eike Höcker, Präsidentin des Landgerichts Bückeburg und Sprecherin der Kommission
  • Dr. Walther Rießbeck, Ltd. Kirchenrechtsdirektor i. R., Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern
  • Prof. em. Dr. Ulrike Wagner-Rau, Praktische Theologin an der Universität Marburg und Pastoralpsychologin (Supervisorin DGfP, Sektion Tiefenpsychologie)

Fachstelle Sexualisierte Gewalt der Landeskirche
Pastorin Christiane Plöhn,
Kommissarische Leitung
Tel.: 0511 1241 650
E-Mail: Christiane.Ploehn2@evlka.de

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Hannover, den 17. Oktober 2022

Pastor Benjamin Simon-Hinkelmann,
Pressesprecher
der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers

Rote Reihe 6
30169 Hannover
Telefon: 0511 – 1241 399, Mobil: 0172 - 2398461
E-Mail: Benjamin.Simon-Hinkelmann@evlka.de
www.Landeskirche-Hannovers.de