Startseite Archiv Nachricht vom 07. Oktober 2022

Evangelisches Beratungszentrum verzeichnet hohen Unterstützungsbedarf

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Hannover. Die seelischen Nöte von jungen Erwachsenen haben während der Pandemie zugenommen. „Der Beratungsbedarf der 18- bis 27-Jährigen ist im vergangenen Jahr um 50 Prozent gestiegen“, sagte die Leiterin des Evangelischen Beratungszentrums im Diakonischen Werk Hannover, Angela Wilhelm, am Donnerstag in Hannover. „Wir haben es mit deutlichen Nachwirkungen der Pandemie zu tun.“ Weitere zentrale Themen seien 2021 Trennung, Scheidung sowie Überforderung im Berufsleben gewesen.

Hauptprobleme der jungen Erwachsenen waren nach Angaben von Kinder- und Jugendpsychotherapeutin Melanie Kieback der pandemiebedingte Wegfall von Schule, Studium, Ausbildung. „Das ist für junge Menschen ein sicherer Rahmen. Bricht er weg, fehlt wichtige Stabilität“, sagte Kieback. Die Folge sei Versagens- und Zukunftsängste, sozialer Rückzug, mangelnder Antrieb und erhöhter Medienkonsum. „Letzteres ist ein Riesenproblem.“

Dazu komme in vielen Fällen Streit mit den Eltern. Dies spiegele sich auch darin, dass immer häufiger Mütter und Väter mit ihren erwachsenen Kindern Beratung suchten. „Die Eltern verlangen von ihren Kindern, an ihr Leben vor der Pandemie anzuknüpfen, aber so einfach ist das nicht“, sagte Kieback. Auch Schulen suchten Unterstützung, insbesondere beim Thema Suizidprävention. „Der Leidensdruck ist groß.“

Das gelte auch für die Menschen, die bereits im Berufsleben stehen. Viele klagten, dass ihr Job sie überfordere, sagte Wilhelm. Arbeitsprozesses veränderten sich, die Arbeit verdichte sich immer mehr. „Was bleibt, ist das Gefühl, dass sich zu viel Arbeit auf zu wenigen Schultern verteilt.“

Insgesamt erhielten im Evangelischen Beratungszentrum den Angaben zufolge 1.283 Menschen in insgesamt 4.000 Sitzungen Unterstützung, 500 Sitzungen mehr als 2020. „Etliche Anfragen mussten wir leider wegen fehlenden Kapazitäten ablehnen“, sagte Wilhelm.

Ziel der in der Regel drei bis fünf Sitzungen dauernden Beratung sei es, die Selbsthilfekräfte der Betroffenen zu aktivieren und sie zu befähigen, ihre Konflikte selbst lösen zu können. „Die Frage, wie man mental gesund bleibt, stellt sich immer mehr Menschen“, sagte Wilhelm.

Das Evangelische Beratungszentrum, größte Beratungsstelle in der hannoverschen Landeskirche, wurde vor 53 Jahren gegründet. Zehn Pädagogen, Psychologen und Therapeuten teilen sich vier Vollzeitstellen. Die Beratungspalette reicht von Familien-, Schwangerschafts- und Erziehungsberatung über Krisenintervention und Stressprophylaxe bis hin zu Trauma-Beratung und Psycho-Onkologie. Das konfessionsunabhängige Angebot richtet sich an Erwachsene und Kinder ab zwölf Jahren. Die Höhe der Kosten orientiert sich an den finanziellen Möglichkeiten der Ratsuchenden.

epd Landesdienst Niedersachsen-Bremen