Startseite Archiv Nachricht vom 26. November 2021

Bischof Meister: Alles tun, um Triage-Entscheidungen zu verhindern

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Hannover. Angesichts einer zunehmenden Überlastung von immer mehr Intensivstationen hat der hannoversche Landesbischof Ralf Meister dazu aufgerufen, drohende Triage-Entscheidungen durch eine weitere Beschleunigung der Impfkampagne abzuwenden. „Kurzfristig müssen wir alles daran setzen, möglichst viele bisher ungeimpfte Menschen von einer Impfung zu überzeugen“, sagte Meister am Freitag dem Evangelischen Pressedienst (epd). Triage meint die Auswahl von Patienten, wenn keine ausreichenden Kapazitäten zur Behandlung für alle vorhanden sind.

Zugleich erneuerte der evangelische Bischof seinen Appell, dass die Politik nun möglichst rasch eine allgemeine Impfpflicht auf den Weg bringen müsse. Dies sei nötig, „um ein noch größeres Auseinanderdriften der Menschen in unserem Land zu verhindern und die Pandemie dauerhaft zu besiegen“. Meister ist auch Leitender Bischof der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD).

Der Theologe betonte, dass der Impfstatus bei möglichen Triage-Entscheidungen keine Rolle spielen dürfe. „Ärztinnen und Ärzte treffen ihre Entscheidungen allein aufgrund klinisch-ethischer Kriterien, die von Expertinnen und Experten nach sorgfältigen Abwägungsprozessen entwickelt worden sind. Daran darf nicht gerüttelt werden.“ Grunderkrankungen, das Alter eines Menschen oder sein Impfstatus seien keine legitimen Entscheidungskriterien. Kürzlich hatte die Bonner Medizinethikerin Annette Duffner eine Debatte über die Priorisierung von Geimpften bei Triage-Entscheidungen gefordert.

epd Landesdienst Niedersachsen-Bremen

Stichwort: Die Triage

Die Begriff Triage stammt aus der Kriegsmedizin und wird vielfach synonym zum Begriff Sichtung verwendet. Die Triage gewann erstmals in den napoleonischen Kriegen des 18. Jahrhunderts an Bedeutung. Die Bezeichnung kommt aus dem Französischen und bedeutet so viel wie auslesen, auswählen oder sortieren.

Heute kommt die Triage in der Katastrophenmedizin, aber auch in der Intensivmedizin vor. Ärztinnen und Ärzte verwenden sie bei einem sogenannten Massenanfall von Verletzten. Dabei werden Patienten nach Dringlichkeit und Schwere der Erkrankung oder Verletzung sortiert. Vereinfacht gesprochen werden sie dabei in drei Gruppen aufgeteilt: Menschen, die keiner Behandlung bedürfen, Patienten, die keiner Behandlung mehr bedürfen, weil sie sterben werden, und Patienten, die medizinisch versorgt werden müssen und auch davon profitieren.

In der Corona-Pandemie stellen sich Kliniken und Mediziner auf zwei Szenarien ein: auf sehr viele Patienten in ähnlich kritischem Zustand, die alle ohne Beatmungsgerät nicht überleben, wobei es allerdings nicht genügend Beatmungsgeräte gibt - die sogenannte Ex-ante-Triage. Ein Zustand, in dem Ärzte nach medizinethischen Kriterien entscheiden müssen.

Die sogenannte Ex-post-Triage ist ein noch schwerwiegenderes ethisches Dilemma. In diesem Szenario sind alle Beatmungsgeräte in Gebrauch, es kommen aber weiterhin Patienten ins Krankenhaus, die auch beatmet werden müssen. Dann könnten Mediziner unter Umständen vor der Entscheidung stehen, einen Patienten vom Beatmungsgerät zu nehmen, um einen anderen zu behandeln. Eine Situation, in der der Staat nicht vorschreiben dürfe, wie Ärzte sich entscheiden sollen, schreibt der Ethikrat in einer Stellungnahme. Der Staat dürfe Leben nicht gegeneinander abwägen.