Startseite Archiv Nachricht vom 25. November 2019

Altbischof Wolfgang Huber porträtierte in Wollershausen den Theologen Dietrich Bonhoeffer

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Wollershausen. Prof. Dr. Wolfgang Huber ist Theologe, Autor und war Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland. In seinem neuesten Buch setzt er sich mit Dietrich Bonhoeffer auseinander, der 1944 als Widerstandskämpfer gegen Hitler hingerichtet wurde, aber mit seiner unnachgiebigen christlich-ethischen Haltung die Kirche bis heute prägt. In Wollershausen las Prof. Huber nicht nur aus seinem Buch, sondern kam mit Christian Richter ins tiefgründige Gespräch über die Lebensgeschichte und die Theologie Bonhoeffers.

Zum einen der Besuch des prominenten Altbischofs in der kleinen Gemeinde machte den Abend zu etwas ganz Besonderem, zum anderen aber auch der ebenso in die Tiefe gehende wie selbst für Nicht-Theologen leicht nachvollziehbare Austausch. Letzteres wiederum lag nicht zuletzt daran, dass es Prof. Huber gelang, biografische Fakten mit Bonhoeffers tiefen Überzeugungen in Verbindung zu setzen und somit ein sehr greifbares Portrait zu zeichnen.

Zunächst einmal erläuterte er den frühen Wunsch des aus einer aufgeklärten Akademikerfamilie stammenden Jungen, Theologie zu studieren wie auch dessen Wunsch, die Kirche zu reformieren. Bereits mit 20 ging er in eine Auslandsgemeinde nach Barcelona, was Huber als „Anfang einer Reihe von Ausbrüchen aus dem Gewohnten“ einordnete.

„Wie war denn die Kirche nach dem Ersten Weltkrieg?“, fragte Christian Richter, um diese Zeit auch aus theologischer Sicht greifbar zu machen. Vor allem sei sie im Umbruch gewesen, erläuterte der Altbischof, weg vom landesherrlichen Kirchenregiment hin zu einer Eigenverantwortlichkeit. „Nach der Wiedervereinigung habe ich eine solche Situation auch erlebt; wir waren randvoll mit uns selbst beschäftigt.“

Doch die Weimarer Republik ging schnell zu Ende, es kamen neue Probleme auf die Kirche zu. Bonhoeffer sei von Anfang an entschiedener Hitler-Gegner gewesen, er warten vor Führern, die ihre Position missbrauchen, und empörte sich darüber, dass Menschen jüdischer Abstammung aus der Kirche verbannt wurden, da für ihn allein die Taufe das Entscheidende war. So sah er die Kirche als Wächter über den Staat, wenn es um die Sicherung des Friedens für alle Menschen geht, sozusagen als Fürsprecher für die Schwachen.

Später besuchte Bonhoeffer Indien und Mahatma Gandhi, weil er von ihm etwas über den gewaltfreien Widerstand erfahren wollte. Statt sich selbst in dieser immer kritischer werdenden Zeit zu schützen, kehrte er nach Deutschland zurück, um Verantwortung zu übernehmen und auch, weil er weiterhin auf die Kirche als Akteur in der NS-Zeit hoffte. Von 1939 an engagierte er sich unter dem Radar im Widerstand, wurde letztlich zum Verschwörer.

„Wie war Bonhoeffers ethische Position zum Tyrannenmord?“, warf Richter ein weiteres großes Themenfeld auf, zu dem Prof. Huber ziemlich tief in die Sozialethik eintauchen musste und Bonhoeffers Haltung zu Verantwortung und zur Verpflichtung vor Gott darstellte. Für ihn, so analysierte er, gab es Situationen, in denen es nicht ausreicht, sich nach geltenden Gesetzen zu richten, sondern es sozusagen unabdingbar ist, einen Verbrecher mit allen Mitteln zu stoppen.

Mit solchen Äußerungen, ob deutlich oder verschlüsselt, machte Bonhoeffer sich natürlich angreifbar. Er wurde mit dem Stauffenberg-Attentat vom 20. Juli 1944 in Verbindung gebracht und im Alter von 39 Jahren schließlich auf ausdrücklichen Befehl Hitlers hingerichtet. Daher, so Prof. Huber habe er vieles nicht mehr schreiben können, doch das, was er bis zu seinem Tode schrieb, insbesondere sein Gedicht „Von guten Mächten“ inspiriert die Theologie und zahlreiche Christen bis heute.

Die zahlreichen Besucher in der St. Marienkirche inspirierte an diesem Abend jedenfalls Altbischof Wolfgang Huber, den Superintendent Volkmar Keil zu Recht als einen der herausragenden Theologen unserer Zeit bezeichnete und den vor allem der Kirchenvorstand wohl noch lange als interessanten und äußerst sympathischen prominenten Besucher in Erinnerung behalten wird.

Öffentlichkeitsarbeit im Kirchenkreis Harzer Land