Startseite Archiv Nachricht vom 15. Januar 2019

Kinotipp: Capernaum – Stadt der Hoffnung

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„Ich will meine Eltern verklagen – sie haben mich auf die Welt gebracht.“

Schon zu Beginn des Films halten wir den Atem an. Was für eine Situation: Da steht Zain vor Gericht. Er mag zwölf Jahre alt sein, so genau weiß man das nicht. Und er verklagt seine Eltern. Sie haben ihm das Leben gegeben, ohne dass sie für ihn sorgen konnten.

Und was folgt, ist eine Geschichte die gefangen nimmt.  Als Zains Eltern seine jüngere Schwester mit dem Vermieter verheiraten, um in der Wohnung bleiben zu können,  nimmt Zain Reißaus. Er muss sich allein in Beirut durchschlagen. Mit ihm laufen wir durch eine unwirtliche Stadt in das Elend der Menschen hineingenommen, immer dramatischer sind die Situationen.

Zain ist zäh – und kreativ. Er lässt sich nicht unterkriegen. Und er wird im Laufe des Films immer größer. Er begegnet  einer Äthiopierin, die ohne Aufenthaltsrecht im Libanon lebt. Bei ihr, die selbst nichts hat, und ihrem kleinen Kind findet er Aufnahme und Aufmerksamkeit. Aber plötzlich verschwindet sie und Zain ist mit dem einjährigen Jungen auf sich gestellt und muss sich durchschlagen.

Der Film mutet dokumentarisch an. Manchmal aber überholt das Leben den Spielfilm. Die Dreharbeiten mussten unterbrochen werden, weil die Schauspielerin der äthiopischen Frau tatsächlich verhaftet wurde.

Die libanesische Regisseurin Nadine Labaki hat mit ihrem Hauptdarsteller, der auch im echten Leben Zain heißt, einen faszinierenden Darsteller gefunden, er ist selbst aus Syrien in den Libanon geflüchtet.  Und auch die anderen Laienschauspieler sind überzeugend.  

Capernaum – der Titel des Films erinnert an den galiläischen Fischerort, in dem Jesus wirkte, und an den  Menschenauflauf vor Jesu Haus. Die Filmemacherin assoziiert damit „großes Chaos“. So zeigt sich uns die Stadt Beirut: als Chaos, als eine Stadt, die  ihren eigenen Bewohnern – ob legal oder illegal dort lebend – keine Heimat geben kann. Eine Stadt der Verwahrlosung, in der  Kinderrechte unter die Räder kommen.

Und irgendwo gibt es dann doch ein Lächeln, eine Hoffnung.

Ein eindrücklicher, emotionaler Film, der einen nicht mehr los lässt und zur Auseinandersetzung herausfordert.
Beim Filmfestival in Cannes wurde er mit dem Preis der Ökumenischen Jury ausgezeichnet. Jetzt ist er im Rennen um die Oskars als bester fremdsprachiger Film. Und ab 17. Januar in unseren Kinos.

Dietmar Adler