Startseite Archiv Nachricht vom 28. Februar 2018

Diakoniepastor: Bei eisiger Kälte auf Obdachlose achten

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Hannover. Angesichts der klirrenden Kälte in Deutschland hat Hannovers Diakoniepastor Rainer Müller-Brandes dazu aufgerufen, auf obdachlose Menschen zu achten. Rund 300 bis 400 Menschen übernachteten allein in der Landeshauptstadt auch bei eisigen Temperaturen im Freien, sagte Müller-Brandes dem Evangelischen Pressedienst (epd). Sie schliefen hinter dem Bahnhof, in Hauseingängen, in Schrebergarten-Hütten, unter Brücken oder auf einer Bank. "Wenn man spät abends unterwegs ist und sieht, dass jemand auf einer Decke liegt mit einem ganz dünnen Schlafsack, dann kann man ihn ruhig ansprechen und fragen, ob er Hilfe braucht."

Die Zahl der Obdachlosen sei deutlich gestiegen, sagte Müller-Brandes. "Inzwischen kann man die Menschen draußen nicht mehr übersehen. Vor zwei, drei Jahren war es undenkbar, so viele draußen schlafen zu sehen." Doch wer bei Minusgraden im Freien übernachte, drohe zu erfrieren, wenn die Schlafsäcke und Decken nicht warm genug seien. Deshalb könne es für Passanten in manchen Fällen auch angebracht sein, den Notruf zu wählen.

Auch eine Geldspende könne Menschen ohne Obdach weiterhelfen. "Schon ein warmer Kaffee ist eine Hilfe." Ob der Beschenkte dann von dem zugesteckten Geld vielleicht Alkohol kaufe, sei allein seine Entscheidung: "Wer bin ich, dass ich - wenn ich etwas schenke - auch noch entscheide, was der andere damit macht?"

Müller-Brandes begrüßte es, dass die Stadt Hannover ihre Notunterkünfte für wohnungslose Menschen um etwa 500 auf rund 1.700 aufstocken wolle. "Das geht nicht von heute auf morgen, aber jede Unterkunft hilft." Eigentlich seien Notunterkünfte nur für wenige Tage gedacht. "Die Realität ist jedoch, dass viele Menschen sehr lange in der Notunterkunft wohnen, weil es keine Alternativen gibt."

Deshalb müsse mittelfristig der soziale Wohnungsbau deutlich vorangetrieben werden, forderte der evangelische Theologe. Auf dem freien Wohnungsmarkt hätten Wohnungslose sonst kaum eine Chance. "Sie stellen sich immer hinten in der Schlange an." Zahlungskräftige Mieter würden ihnen vorgezogen. Bei großen Neubau-Projekten müsse ein Anteil von 20 bis 25 Prozent für den sozialen Wohnungsbau zur Verfügung gestellt werden. "Wir brauchen eine gute soziale Durchmischung", betonte der Pastor. "Wenn wir das nicht machen, schaffen wir uns Ghettos."

Laut Müller-Brandes haben allein in Hannover bis zu 4.000 Menschen keinen festen Wohnsitz. Viele von ihnen stammten aus Osteuropa. "Sie haben Arbeit gesucht, aber keine gefunden." Deutlich über 1.000 Wohnungslose übernachteten in Notunterkünften, viele andere bei Freunden oder Verwandten.

epd-Landesdienst Niedersachsen-Bremen