Startseite Archiv Nachricht vom 27. November 2017

Rechtsexperte fordert Islamkonferenzen der Länder

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Göttingen/Hannover. Der Kirchenrechtler Hans Michael Heinig plädiert für die Einrichtung von Islamkonferenzen auf Länderebene. Mit solchen auf Austausch und Kooperation angelegten Instrumenten könne der Staat am ehesten das berechtigte Interesse der Muslime in Deutschland nach einer Gleichstellung mit Christen und Juden unterstützen, sagte Heinig dem Evangelischen Pressedienst (epd) vor dem Hintergrund neuerlicher Diskussionen über staatliche Verträge mit muslimischen Verbänden. Im Gespräch könnten Strategien zur Umsetzung entwickelt werden.

Das Anliegen verschiedener Islamverbände wie Schura oder Ditib, unverzüglich Staatsverträge mit den Ländern zu schließen und hierdurch als Religionsgemeinschaft anerkannt zu werden, betrachte er mit Skepsis, betonte der Direktor des Instituts für Öffentliches Recht der Uni Göttingen. "Ich fürchte, wir werden dazu nicht so schnell kommen." Die Verbände seien nach wie vor nicht so aufgestellt, dass ihre Organsiationsstruktur den von der Rechtsprechung geforderten Bedingungen entspreche.

In Nordrhein-Westfalen habe das Oberverwaltungsgericht Münster gerade entschieden, dass die Dachverbände Islamrat und Zentralrat der Muslime aus diesem Grund keine Religionsgemeinschaften seien. Nach dem Urteil vom 9. November reiche deren Einfluss nicht bis in die unteren Ebenen der Mitgliedsverbände und Moscheegemeinden, erläuterte Heinig, der auch Leiter des Kirchenrechtlichen Instituts der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) ist.

Die neu gebildete Große Koalition in Niedersachsen habe von den Plänen für Islamverträge zunächst Abstand genommen und wolle weitere Gutachten einholen. In Hessen, Hamburg und Bremen gebe es zwar Verträge. Zumindest in Hamburg "knarzt es derzeit aber gewaltig", betonte der Jurist. Dort werde ein weiteres Problem offenbar, das auch in Niedersachsen Ausgangspunkt für die derzeitige Zurückhaltung sei. Es gebe deutliche Zweifel an der Verfassungstreue von Ditib. Der türkische und bundesweit größte Verband werde von der türkischen Religionsbehörde beherrscht. Die Türkei gehe in Fragen von Demokratie und Menschenrechten einen Weg in zunehmender Distanz zu den Werten des Grundgesetzes.

Unter diesen Vorzeichen sollten sich die Islamverbände nicht auf Verträge versteifen, "zumal wenn sie selbst nicht bereit sind, sich so aufzustellen, dass es den bisherigen Vorgaben der Rechtsprechung entspricht", betonte Heinig. Andererseits sollte der deutsche Staat sie dabei unterstützen, die geforderten Bedingungen zu erfüllen. "Es geht um Gesten der Anerkennung und des Wohlwollens, aber auch um konkrete Zusammenarbeit wie etwa beim islamischen Religionsunterricht oder der Gefängnisseelsorge."

Dafür sind Länder-Islamkonferenzen nach Ansicht des Juristen ein gutes Instrument. Dort sollte mit den Verbänden erarbeitet werden, was sie zur Selbstorganisation bräuchten. Gemeinsam mit Ditib könne nach Möglichkeiten gesucht werden, wie sich der Verband vom türkischen Staat ein Stück weit ablösen könne. Darüber hinaus müssten Bund und Länder die Professionalisierung der Verbandsarbeit unterstützen. Nach wie vor arbeiteten die weitaus meisten dort ehrenamtlich oder würden vom türkischen Staat bezahlt. Auch über die Möglichkeit der Erhebung einer Moscheesteuer sollte in diesem Zusammenhang nachgedacht werden.

epd-Landesdienst Niedersachsen-Bremen