Startseite Archiv Nachricht vom 26. Oktober 2017

Schlosskapelle Celle öffnet nach über 20 Jahren für Reformationsfeier

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Celle. Vor 55 Jahren haben Karin und Wolfgang Diedrich in der Schlosskapelle in Celle geheiratet. Gern hätten sie dort auch ihre Goldene Hochzeit gefeiert. "Das war nicht möglich, weil die Kapelle absolut gesperrt war", sagt Wolfgang Diedrich. Am Mittwochabend durfte der 83-Jährige mit seiner Frau an seiner Seite und 16 weiteren Gästen eine Premiere erleben. Sie gehörten zur Festgemeinde, die gemeinsam mit dem hannoverschen Landesbischof Ralf Meister in der 1485 errichteten Kapelle einen Gottesdienst zum 500. Reformationsjubiläum feierte.

Mehr als 20 Jahre lang war die Kapelle aus Denkmalschutzgründen nur durch eine Glasscheibe zu besichtigen. Seit einigen Jahren suchen Denkmalschützer, die Kirche und die Stadt Celle gemeinsam mit dem Land als Eigentümer nach Wegen, sie wieder zu öffnen, ohne dem Bau zu schaden. Er gilt einmaliges Zeugnis der Kirchenkunst aus frühprotestantischer Zeit. Dazu haben sie jetzt ein Modellprojekt gestartet. "Das heutige Ereignis ist aus Sicht der Bauphysik ein Großversuch", sagt der Projektleiter des niedersächsischen Landesamtes für Denkmalpflege, Erwin Stadlbauer.

In den 1980er und 90er Jahren zog die Kapelle bis zu 70.000 Besucher pro Jahr an. Die Folgen waren Schimmelbefall, gerissene Holztafeln und abgeplatzte Grafiken durch Feuchtigkeit etwa in der Atemluft. Darum sind zum Gottesdienst am Mittwoch die Gäste handverlesen. Vertreter von Kirche, Denkmalschutz und Politik sind darunter. Weitere Plätze wurden per Los vergeben und wie die Diedrichs verbindet manche Menschen eine besondere Geschichte mit der Kapelle.

Noch einmal 20 Besucher verfolgen das Geschehen hinter der Glaswand. Nur etwa 20 Minuten dauert die Andacht, die zeitgleich in die benachbarte Stadtkirche übertragen und dort anschließend weiter gefeiert wird. Der Bischof liest aus der Bibel, die Gemeinde singt, eine Flötistin spielt. All das wird die Temperatur und die Luftfeuchtigkeit verändern, sagt Marten Meyer-Bothling vom staatlichen Baumanagement und deutet auf ein Messgerät, das über den Besuchern hängt. "Die Auswirkungen sind deutlich."

 

Ob sie auch langfristig der Kapelle schaden, wollen Wissenschaftler bei weiteren Veranstaltungen im kommenden Jahr messen. Die Daten sollen später die Basis für Simulationen bilden, mit denen in einem Modell der Kapelle geprüft werden soll, welche Belastungen das historische Kleinod aushält. Es geht um einen Spagat zwischen Bewahren und Benutzen.

Noch vor der Predigt gehen auch die Besucher der Schlosskapelle in die Stadtkirche. Dort macht Bischof Meister deutlich, warum die Kapelle für evangelische Christen eine große Bedeutung hat. Zwischen 1565 und 1576 ließ Herzog Wilhelm der Jüngere zu Braunschweig-Lüneburg sie reich ausmalen, ganz im Sinn der Lehren Martin Luthers (1483-1546). "Wir erkennen durch die malerische Anschauung die fromme Weltsicht eines protestantischen Herrschers", sagt Meister. "An die Stelle der Anbetung des allmächtigen irdischen Herrschers trat mit dem Christentum das Prinzip Verantwortung, Herrschaft als Lehen, als Amt und Auftrag, nicht als willkürlicher Besitz."

Wolfgang Diedrich hat besonders die Atmosphäre der Kapelle beeindruckt - nicht nur wegen der Erinnerung an seinen Hochzeitstag, auch spirituell, wie er sagt. "Das hat noch einmal ganz neu gewirkt. Man hatte das ja gar nicht mehr so in Erinnerung. Das müssen wir jetzt erst einmal ein paar Tage nachwirken lassen."

epd-Landesdienst Niedersachsen-Bremen