Startseite Archiv Nachricht vom 24. Februar 2016

Diakonie-Vorstandssprecher Künkel kritisiert Aussetzung von Familiennachzug

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Hannover (epd). Der Vorstandssprecher der Diakonie in Niedersachsen, Christoph Künkel, hat die geplante Aussetzung des Familiennachzugs von Flüchtlingen kritisiert. "Hier sind Menschen betroffen, die aus lebensbedrohlichen Situationen geflohen sind und ihre Angehörigen dort zurücklassen mussten", sagte Künkel am Donnerstag dem epd in Hannover. "Wie sollen sie hier zur Ruhe kommen und sich integrieren, wenn sie ständig um das Leben ihrer Familien bangen müssen?" Der Bundestag hatte am Donnerstag das umstrittene Asylpaket II verabschiedet. Es sieht unter anderem vor, den Familiennachzug für Flüchtlinge mit eingeschränktem Schutz für einen Zeitraum von zwei Jahren auszusetzen. Das betrifft auch unbegleitete Minderjährige.

Für verkraftbar hält der evangelische Theologe dagegen die Eigenbeteiligung von Flüchtlingen an den Kosten für Integrationskurse. Dies müsse von ihnen selbst aber als Anreiz gesehen werden, dass der Staat in ihre Eingliederung investiere. "Es darf aber kein Einstieg dafür sein, das unterste finanzielle Lebensniveau, auf dem sich die Betroffenen ohnehin bewegen, noch weiter zu reduzieren", betonte Künkel. Die Asylbewerberleistungen sollen künftig für den Besuch der Kurse pauschal um zehn Euro gekürzt werden.

Künkel warnte davor, dass das Gesetzespaket von den eigentlichen Problemen ablenke. Es lasse den Eindruck entstehen, dass die Schwierigkeiten mit den Flüchtlingen, die bereits in Deutschland lebten, schon gelöst seien. "Dabei stehen wir in Wirklichkeit vor enormen Herausforderungen, die wir angehen müssen." Noch immer gebe es zu viele bürokratische Hürden bei der Klärung des jeweiligen Flüchtlingsstatus. "Das dauert viel zu lange." Es wirke sich nicht nur auf die unmittelbar Betroffenen, sondern auch auf die ehren- und hauptamtlichen Mitarbeiter demotivierend aus.

Der Oberlandeskirchenrat hob hervor, wie wichtig es sei, die Flüchtlinge von der erfolgreichen Teilnahme an Integrations- und Sprachkursen zu überzeugen. "Die Sprache ist eine Notwendigkeit und der Schlüssel für alles andere." Wille und Bereitschaft, zum Beispiel im Handwerk zu arbeiten, reichten nicht aus, wenn keine Deutschkenntnisse vorhanden seien. Hier müsse noch sehr viel Motivationsarbeit geleistet werden. Untersuchungen zeigten, dass verpflichtende Sprachkurse, wie sie zum Beispiel in Skandinavien eingeführt worden waren, nur mäßig effektiv seien. Dennoch schlössen dort immerhin 30 Prozent der Teilnehmenden erfolgreich ab.

Der Bundestag hatte am Donnerstag namentlich über das Asylpaket II abstimmen lassen. 429 Abgeordnete votierten für die Gesetzesänderungen, die unter anderem schnellere Verfahren für Asylbewerber mit geringer Bleibeperspektive und eine Aussetzung des Familiennachzugs für Flüchtlinge mit dem untergeordneten subsidiären Schutz vorsehen. 147 Parlamentarier stimmten dagegen. Es ist das zweite Gesetzespaket mit Verschärfungen im Asylrecht innerhalb von vier Monaten. Die große Koalition will damit eine Reduzierung der Flüchtlingszahlen erreichen.

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