Lüneburg. Der Lüneburger Landessuperintendent Dieter Rathing hat in seinem „Weihnachtsbrief für den Sprengel“ angeregt, eine Zeit lang auf das Zählen in Kirchen und Gemeinden zu verzichten. „Wird unsere Kirche denn durch große Zahlen zusammengehalten und gewinnt das Evangelium dadurch Ansehen“, fragte Rathing mit Blick auf „Mangelerfahrungen“, die es neben viel Gelingendem auch gebe. Rathing erinnerte an die frühen Christengemeinden, die gerade in ihrer Sorge für Einzelne Ausstrahlung und Anerkennung in ihrer Umgebung gewonnen hätten. Der Brief wurde an mehr als 600 hauptberuflich Mitarbeitende sowie die Vorsitzenden der Kirchenkreistage und Mitglieder der Landessynode in den elf evangelisch-lutherischen Kirchenkreisen im Nordosten Niedersachsens versandt.
Dass das Geld weniger werde, die Zahl der Gottesdienstbesucher sinke und das öffentliche Ansehen der Kirche schwinde, nannte Rathing einen „Grundkummer unserer Zeit“. Trotz guter Arbeit sprächen viele Zahlen „gegen uns“. Dem gegenüber zitierte der Landessuperintendent einen Pastor, der sich in einer Notfallsituation einer großen Anzahl von Hilfsbedürftigen gegenüber sah: „Die Seele kann immer nur bis eins zählen.“ Der seelsorgliche Dienst der Kirche gelte dem einzelnen Menschen.In diesem Sinne könnten sich Kirchenvorstände – „statt über der Taufstatistik zu brüten“ – auf die Suche nach einem Paten für den Täufling machen, der niemanden hat. Ein Kirchenvorsteher könnte auch selbst das Amt übernehmen, regte Rathing an, „und ein anderer hilft ihm dabei“. Als weiteres Beispiel nannte der Landessuperintendent die Bestattungskultur: Angesichts immer mehr Beisetzungen Alleinstehender ohne Trauerfeier könnten Gemeindemitglieder solchen Verstorbenen das letzte Geleit geben. „Es gibt viele Gelegenheiten, erst einmal bis eins zu zählen“, rief Rathing zur Sorge um einzelne Mitmenschen auf. „Der Hirte ist die Symbolfigur in unserer Kirche, nicht der Betriebswirt.“
Mit Blick auf die laut Magazin „chrismon“ 73 Prozent der Gottesdienstbesucher, die zu Weihnachten vor allem eine gute Predigt erwarteten, dankte Rathing allen Mitarbeitenden im Pastoren-, Lektoren- und Prädikantendienst. Den Dank an die musikalisch Aktiven verband er mit dem Wunsch von 72 Prozent der Gottesdienstbesucher, es möge zu Weihnachten das Lied „Stille Nacht“ gesungen werden. Ebenso würdigte der Regionalbischof das Engagement der Diakone, Küster, auch jugendlichen und erwachsenen Ehrenamtlichen und nicht zuletzt „allen Mitfeiernden, Mitsingenden und Mitbetenden“. Immerhin wünschten sich 64 Prozent der Gottesdienstteilnehmer zu Weihnachten eine gut besuchte Kirche.