Hildesheim (epd/red). Die Juristin Beatrice von Weizsäcker hat vier Monate vor der Bundestagswahl von der Gesellschaft und Politikern mehr Vertrauen in die Demokratie gefordert. "Politik in Zeiten des Wahlkampfs ist geprägt von Häme und Misstrauen", sagte von Weizsäcker am Mittwochabend in der Hildesheimer Michaeliskirche. Zu dem Empfang des Sprengels Hildesheim-Göttingen waren rund 500 Vertreter von Politik, Wirtschaft und Kirche geladen.
Parteien betrachteten sich derzeit nicht als Konkurrenten sondern als persönliche Feinde, kritisierte die Tochter des ehemaligen Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker. "Alles was geht, wird dem politischen Gegner um die Ohren gehauen, jeder Fettnapf bejubelt, jedes Thema zum Wahlkampfthema erhoben." Politikerschelte sei zuweilen richtig, viele Male aber eben nicht.
Landessuperintendent Eckhard Gorka mahnte, Vertrauen sei mühsam zu erlangen und schnell verspielt. "Das gilt für Zweierbeziehungen, für das Familienleben bis hin in den politischen Raum." Politiker, die für andere Menschen Verantwortung trügen, bräuchten den Glauben. Dieser gebe ihnen eine unerschütterliche Gewissheit, jenseits ihrer begrenzten Einsichten und Kräfte, so Gorka. Er ist leitender Geistlicher des Sprengels Hildesheim-Göttingen.
Von Weizsäcker, die auch Präsidiumsmitglied des Deutschen Evangelischen Kirchentags ist, entgegnete, dass Religion politische Entscheidungen nicht beeinflussen dürfe. Unterschiedliche Religionen und Nichtgläubige zu akzeptieren, sei entscheidend für einen gesellschaftlichen Frieden, sagte die Juristin. "Der Glaube an Gott ist Privatsache."
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