epd-Gespräch: Dieter Sell
Stade/Hannover (epd). Viele Vertreter des "starken Geschlechts" sind nach Beobachtung des kirchlichen Männerexperten Helmuth Haase in ihrer gesellschaftlichen Rolle verunsichert. In Familie, Ehe und Partnerschaft seien heute weder der Macho noch der Softie gefragt, sagte der evangelische Diakon und Sozialpädagoge im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). "Gefragt ist der kooperative Mann, der auch in der Lage ist, über seine Gefühle zu sprechen." Haase hat seit 1986 die Männerarbeit der hannoverschen Landeskirche mit gestaltet und wird an diesem Sonntag in den Ruhestand verabschiedet.
Der kooperative Mann sei noch in der Minderheit, räumte Haase ein. Nach einer Studie im Auftrag der Männerarbeit der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) aus dem Jahr 2009 zählte bundesweit erst knapp jeder Fünfte dazu. Doch auch traditionelle Männer bewegten sich. Vorstellungen, nach denen die Frau an den Herd gehöre und Berufstätigkeit von Frauen für Kinder schädlich sei, spielten fast keine Rolle mehr.
"Die stärksten Veränderungen hat es in der Vaterrolle gegeben", bilanzierte der 64-Jährige, der zuletzt die landeskirchliche Männerarbeit zwischen Elbe und Weser und in der Lüneburger Heide leitete. Das bestätigten seit Jahren boomende Vater-Kind-Freizeiten: "Viele Männer wollen heute nicht mehr nur Ernährer sein, sondern auch Erzieher." Jeder vierte Mann indes gehöre zu den Balancierern zwischen alten und neuen Rollenbildern. "Das sind die Rosinenpicker, die die Berufstätigkeit ihrer Frauen akzeptieren, mit ihnen aber nicht die Hausarbeit teilen."
Zu Beginn seiner Arbeit sei es Männern noch besonders schwer gefallen, Gefühle und eine weiche Seite zuzulassen, erinnerte sich Haase. "Wenn ich zu Meditationsseminaren darum gebeten habe, Wolldecken und Kissen mitzubringen, haben sich Männer wieder abgemeldet." Heute lasse eine wachsende Zahl Erfahrungen wie Körperarbeit, Fantasiereisen und Meditationen zu, "auch wenn sich Männer nach wie vor schwer tun, Gefühle zu äußern".
Glaube, Kirche und Spiritualität werde langsam für mehr Männer wichtig, ergänzte Haase, der selbst verheirateter Vater von vier erwachsenen Söhnen ist. "Das wird aber im kirchlichen Alltag selten sichtbar, weil es noch nicht überall die richtigen Angebote gibt." Männer wollten beteiligt sein und praktisch anpacken. "Sie möchten etwas bewegen - das gilt auf der Männerwanderung genauso wie bei der Pflege von Spielgeräten im Kindergarten, der Gestaltung eines Gottesdienstes oder eines Männerfrühstücks."
Haase wurde im hannoverschen Stephansstift zum Diakon ausgebildet und hat später Sozialpädagogik studiert. Von 1970 bis 1986 arbeitete er in der evangelischen Kirchengemeinde Düshorn bei Walsrode. In seiner Heimatgemeinde Sittensen leitet der passionierte Imker den Kirchenchor und mit seiner Frau Ingrid einen Kreis verwaister Eltern.
Terminhinweis:
Helmuth Haase wird an diesem Sonntag ab 10 Uhr in der evangelischen St.-Dionysius-Kirche von Sittensen mit einem Gottesdienst als Leiter der Männerarbeit in den Sprengeln Stade und Lüneburg in den Ruhestand verabschiedet.
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