Bischof Meister appelliert an Verantwortung für künftige Generationen

Nachricht 20. Dezember 2011

Hannover (epd-Gespräch: Ulrike Millhahn). Die moderne Gesellschaft lebt nach Ansicht des hannoverschen Landesbischofs Ralf Meister auf Kosten künftiger Generationen. Dies zeige sich etwa bei den Themen Umwelt und Finanzen. "Es ist wichtig, dass wir das erkennen", sagte Meister am Mittwoch im epd-Gespräch.

Positiv sei jedoch, dass sich die Menschen erstmals der gemeinsamen Verantwortung für ihre Nachkommen bewusst seien. "Diesen Gedanken hat es vor hundert Jahren so noch nicht gegeben." Die Kirche habe etwa beim schonenden Umgang mit Ressourcen die klassische Rolle eines Mahners: "Bei bestimmten Missständen müssen wir laut und deutlich unsere Stimme erheben."

Meister verwies auf die Pflicht der Kirchen, den Menschen bei den kontroversen Debatten um Atomkraft, Klimawandel, Finanzkrisen oder bei schwierigen ethischen Entscheidungen zur Seite zu stehen. Der 49-jährige gebürtige Hamburger ist seit einem knappen Jahr Bischof der größten evangelischen Landeskirche in Deutschland.

Viele Bürgerinnen und Bürger fühlten sich verunsichert, wenn "politisch erfahrene und wissenschaftlich renommierte Experten" zum Teil völlig unterschiedliche Einschätzungen zur Lösung des gleichen Problems anböten. Dies werde zum Beispiel bei dem Dilemma um die Finanzpolitik deutlich. "Es ist die Aufgabe der Kirchen, an solchen Stellen öffentliche Diskussionen anzustoßen, damit sich möglichst viele einen Überblick verschaffen können", erläuterte der Bischof. "Ich verstehe bestimmte Sachverhalte auch nicht auf Anhieb so, dass ich eine schnelle und schlüssige Antwort geben könnte."

In Anlehnung an den Philosophen Peter Sloterdijk könne man mit Blick auf die zahlreichen Probleme in der Welt von einer "Dauererregungsgesellschaft" sprechen. "Wir bewegen uns gar nicht mehr in der Flachlandschaft, sondern wir springen von Krise zu Krise, von Gipfel zu Gipfel", fügte Meister hinzu. Es sei schwierig, sich diesem Sog zu entziehen. Christliche Feiertage wie Weihnachten oder Ostern könnten hier zu einer Zeit der Besinnung und Entschleunigung beitragen.

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