Lüchow (epd). Angesichts des demografischen Wandels fordert das Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung neue Förderinstrumente für ländliche Regionen. Bis 2050 werde die Einwohnerzahl in Deutschland von mehr als 81 Millionen auf vermutlich 70 Millionen sinken, sagte der Berliner Sozialwissenschaftler Steffen Kröhnert am Dienstagabend vor dem evangelischen Kirchenkreistag Lüchow-Dannenberg: "Dabei verliert der ländliche Raum am stärksten. Viele Orte trocknen demografisch aus."
In Niedersachsen gehört der Landkreis Lüchow-Dannenberg mit derzeit rund 49.000 Einwohnern nach den Erhebungen des Institutes zu den Regionen mit der schlechtesten Entwicklung. Bei der Bewertung nach verschiedenen bevölkerungspolitischen Kriterien stehe der Landkreis bundesweit auf Rang 384 von 413 und "damit nicht gut da", sagte Kröhnert in Breselenz bei Lüchow. Den Osten der Republik und Landkreise im Südosten Niedersachsens wie Goslar oder Osterode im Harz werde die Entvölkerung noch stärker treffen.
Der Wandel lasse sich nicht aufhalten, es komme darauf an, ihn zu gestalten. Zwar flössen in die Regionen viele Fördermittel etwa der EU oder des Bundes, sagte Kröhnert. Oft verschwänden diese aber am Ende der Förderperiode folgenlos. "Die Bürger ins Boot zu holen, gelingt oft nicht."
Die Berlin-Stiftung plädiere deshalb dafür, eine Stiftung "ländlicher Raum" zu gründen, bei der Bürger leichter Geld beantragen könnten. "Wir brauchen ein neues Miteinander von Bürgern, Kommunen und Wohlfahrtsverbänden. Nützliche Ideen von unten, statt Fördermittel von oben."
Der Lüchower Propst Stephan Wichert-von Holten warb: "Was wir brauchen, ist eine neue Form von tätiger Gemeinschaft." Der Kirchenkreis Lüchow-Dannenberg habe bereits mit den Folgen der sinkenden Einwohnerzahl zu kämpfen und suche nach neuen Wegen für seine Arbeit, erläuterte der leitende Theologe der Region.
Im Zuge landeskirchlicher Sparmaßnahmen sei die Zahl der Pfarrstellen in den 37 Gemeinden seit 1993 um die Hälfte auf 15 gesunken. Um weitere Sparvorgaben einzuhalten, müssten bis 2013 mindestens weitere vier Stellen gestrichen werden. "Das können wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht machen", warnte Wichert-von Holten. "Dann laufen uns die Gemeindemitglieder weg." Der Kirchenkreis brauche mehr Zeit und flexiblere Strukturen. Dazu habe er Vorschläge eingereicht. "Wo die Kirche nicht mehr ist, ist oft nichts anderes mehr."