EKD und Diakonisches Werk der EKD begrüßen die Ergebnisse des Runden Tisches Heimerziehung

Nachricht 13. Dezember 2010

EKD begrüßt Ergebnisse des Runden Tisches Heimerziehung
Nikolaus Schneider für rasche, unbürokratische Einrichtung
des Fonds für ehemalige Heimkinder


Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) begrüßt die Ergebnisse des Runden Tisches Heimerziehung in den 50er und 60er Jahren, die heute in Berlin öffentlich bekanntgegeben wurden.
„Die Arbeit am Runden Tisch seit Anfang 2009 hat den Blick auf ein erschreckendes  Kapitel der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland gerichtet“, sagte der Vorsitzende des Rates der EKD, Präses Nikolaus Schneider. Es sei bedrückend und beschämend, dass auch in kirchlichen Heimen in erheblichem Maße gegen die Maßstäbe des Evangeliums gehandelt worden ist. Viele Heimkinder hätten deswegen großes Leid erfahren, aus dem oft anhaltende Benachteiligung erwachsen sei, so Schneider weiter. Der Ratsvorsitzende zeigte sich „traurig und tief erschüttert“ über die vielen Details, die während der Arbeit am Runden Tisch ans Licht gekommen sind. Hier seien „schlimmes Handeln und schlimmes Unterlassen“ offenbar geworden.


„Die evangelische Kirche und ihre Diakonie übernehmen Verantwortung und werden ihren Beitrag zu dem gemeinsamen Fonds für ehemalige Heimkinder mit Bund, Ländern und katholischer Kirche leisten“, betonte Schneider. Er gehe davon aus, dass auch die anderen Partner in der Verantwortungsgemeinschaft zu dieser Lösung und den sich daraus ergebenden Konsequenzen stehen, damit die notwendigen Mittel für die Fonds für Folgeschäden und für Rentenersatzleistungen bereitgestellt werden.
 

„Ich hoffe nun, dass das Ergebnis des Runden Tisches dem Deutschen Bundestag und den Ländern rasch vorgelegt und die darin vorgeschlagenen Maßnahmen schnell und ohne bürokratische Hürden umgesetzt werden“, so Schneider abschließend.

Hannover, 13. Dezember 2010
Pressestelle der EKD
Reinhard Mawick

Das Diakonische Werk der EKD begrüßt die Ergebnisse des Runden Tisches Heimerziehung

"Der Runde Tisch hat den Berichten betroffener Heimkinder breiten Raum gegeben. Diese Berichte waren erschütternd und beschämend", sagte Bischof Frank Otfried July, Vorsitzender des Diakonischen Rates. "Wir bedauern zutiefst das Leid und Unrecht, das Kinder und Jugendliche auch in Heimen der Diakonie in den 50er und 60er Jahren erleben mussten."

Ausdrücklich lobte July die konstruktive Atmosphäre am Runden Tisch Heimerziehung. "Der Runde Tisch hat durch klare, offene und differenzierte Aufarbeitung ein Zeichen der Versöhnung gesetzt. Das Engagement aller, die Verantwortung trugen, zeigt sich in einmütiger Zustimmung zum Abschlussbericht.

Die evangelische Kirche und ihre Diakonie stehen zu dieser Verantwortung.
Zusammen mit dem Bund, den Ländern und der katholischen Kirche werden wir unseren Beitrag zu einem gemeinsamen Fonds für ehemalige Heimkinder leisten.

Wir gehen fest davon aus, dass auch die anderen Beteiligten in der Verantwortungsgemeinschaft zu der vom Runden Tisch vorgeschlagenen Lösung stehen und die Mittel für die Fonds für Folgeschäden und für Rentenersatzleistungen zügig bereit stellen werden," hob July hervor.

Ute Burbach-Tasso, Pressesprecherin
Pressestelle, Zentrum Kommunikation
Diakonisches Werk der EKD e.V.
13.12.2010

 

Evangelische Kirche kündigt rasche Hilfe für Ex-Heimkinder an - Opfervertreter wollen gegen Ergebnis des Runden Tisches klagen
 
Berlin/Hannover (epd). Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) verteidigt das Ergebnis des Runden Tisches Heimerziehung, wonach misshandelte Heimkinder keine pauschalen Entschädigungen erhalten sollen. Die Situation in den bundesdeutschen Heimen in den 50er und 60er Jahren sei sehr unterschiedlich gewesen. Pauschale Entschädigungen würden angesichts des individuellen Leids zu neuen Ungerechtigkeiten führen, sagte der Präsident des Kirchenamtes der EKD in Hannover, Hans Ulrich Anke, am Montag. Unterdessen kündigte die Vorsitzende des Vereins ehemaliger Heimkinder, Monika Tschapek-Güntner, an, gegen den Kompromiss am Runden Tisch zu klagen.
 
Nach fast zweijährigen Beratungen hatte sich der Runde Tisch am vergangenen Freitag darauf geeinigt, einen 120 Millionen Euro umfassenden Entschädigungsfonds aufzulegen, der zu gleichen Teilen vom Bund, den Bundesländern und den Kirchen finanziert wird. Der Fonds ist nach oben offen, für den Fall, dass sich mehr Opfer melden als erwartet. Mit dem Geld sollen Heimkinder entschädigt werden, die in den 50er und 60er Jahren in der Bundesrepublik unter teils brutalen Erziehungsmethoden in Kinder- und Jugendheimen staatlicher sowie kirchlicher Träger gelitten haben.
 
Der Abschlussbericht des Runden Tisches wird am Montagvormittag in Berlin vorgestellt. Bundestag und die Parlamente der elf westdeutschen Bundesländer entscheiden über die Umsetzung der Empfehlungen.
 
EKD-Kirchenamtspräsident Anke sagte im Deutschlandfunk, da die Situation in den Heimen sehr unterschiedlich gewesen sei und das Leid der Betroffenen individuell verschieden, könne diesen eine Einzelfallprüfung nicht erspart werden. Die Hilfen über den Entschädigungsfonds sollen nach seinen Worten über regionale Anlaufstellen organisiert und rasch und unbürokratisch geleistet werden. Damit solle jenen geholfen werden, die noch heute unter den Folgen ihres Heimaufenthaltes leiden. Die Zahlungen seien für Therapien oder auch das Nachholen einer Ausbildung gedacht, sofern das heute noch möglich sei, sagte Anke, der die evangelische Kirche am Runden Tisch vertreten hatte.
 
Tschapek-Güntner sprach am Montag im Deutschlandradio Kultur von einer "billigen Abspeisung" und Demütigung der Betroffenen. Bei geschätzten 30.000 Anspruchsberechtigten bekomme der Einzelne 2.000 bis 3.000 Euro. "Eigentlich müssten alle, die am Runden Tisch sitzen, sich dafür schämen", sagte sie.
 
Der Verein ehemaliger Heimkinder hatte nicht am Runden Tisch mitgearbeitet. Die Zustimmung der drei Heimkinder-Vertreter in dem Gremium zu dem ausgehandelten Kompromiss erklärte Tschapek-Güntner mit Nötigung. Auf diese sei großer Druck ausgeübt worden. "Wir gehen den Klageweg", sagte die Vereinsvorsitzende und forderte erneut eine Einmalzahlung für die Betroffenen von 50.000 Euro oder eine zusätzliche monatliche Rente in Höhe von 300 Euro.
 
EKD-Kirchenamtspräsident Anke wies die Kritik zurück: "Ich kann nicht verstehen, dass solch ein Ergebnis nicht akzeptiert werden kann." Klagen misst er wenig Aussicht auf Erfolg bei. "Ich gehe nicht davon aus, dass juristische Wege zu einem Erfolg führen können", sagte er.
 
Etwa 800.000 Kinder und Jugendliche wuchsen nach Angaben des Runden Tisches in den 50er und 60er Jahren in kirchlichen und staatlichen Heimen auf. Zahlreiche Heimkinder litten unter brutalen Erziehungsmethoden, Demütigungen, Prügel und Arbeitszwang. In seinem Abschlussbericht erkennt der Runde Tisch das Leid der Heimkinder als Unrecht im Rechtsstaat an.
 
Der Runde Tisch Heimerziehung hatte im Februar 2009 seine Arbeit aufgenommen. Er beriet unabhängig vom Runden Tisch zu Fällen sexuellen Missbrauchs, der im Frühjahr dieses Jahres von der Bundesregierung ins Leben gerufen worden war.

 

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