Polizeipräsidentin ruft Kirchen zu mehr Einsatz für Integration auf

Nachricht 05. Dezember 2010

Osnabrück (epd). Die Osnabrücker Polizeipräsidentin Heike Fischer hat Kirchen und Bürger aufgerufen, sich stärker für die Integration von Minderheiten in die Gesellschaft einzusetzen. Gleichzeitig warnte sie davor, immer wieder in Klagelieder einzustimmen über Moralverfall, steigende Jugendkriminalität oder eine zunehmende Spaltung der Gesellschaft: "Unser Problem ist nicht der eloquent beklagte Werteverfall. Unser Problem ist unsere Lähmung", sagte die einzige niedersächsische Polizeipräsidentin am Freitagabend in der Marienkirche in Osnabrück.

Integrationsprobleme, Kriminalität, Egoismus seien in der Tat große Herausforderungen für die Gesellschaft, betonte Fischer: "Aber es sind nicht die Horrorszenarien, die wir daraus machen." Die Bevölkerung habe sich in ihrer Struktur und Zusammensetzung verändert. "Wir müssen akzeptieren, dass wir in Deutschland keine homogene Gesellschaft sind. Wir müssen die Initiative ergreifen und die Gesellschaft positiv gestalten. Das ist unsere gemeinsame Verantwortung."

Fischer sprach auf dem Jahresempfang des Sprengels Osnabrück der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers über das Thema "Wohin driftet unsere Gesellschaft?". Landessuperintendent Burghard Krause wies in seiner Einführung darauf hin, dass Bürger immer mehr Mitspracherecht forderten und dafür auch auf die Straßen gingen.

Die Präsidentin forderte die Kirchen auf, Integration stärker auch nach außen zu demonstrieren: "Die Kirchen und Religionsgemeinschaften können den vielleicht wichtigsten Beitrag dazu leisten, dass aus der Vielfalt keine Ausgrenzung, sondern Zugehörigkeit und Zusammenhalt erwächst."

Negative Meldungen passten so gut zur eigenen Einschätzung der Situation, dass sie nicht mehr hinterfragt würden, kritisierte Fischer. "Wir scheinen nicht mehr unterscheiden zu können zwischen extremen Einzelfällen und einer tatsächlichen gesellschaftlichen Entwicklung." Als Beispiel nannte sie die Jugendkriminalität, die rein statistisch gesehen in den vergangenen Jahren gestiegen sei. Ziehe man aber weitergehende Forschungen zur Dunkelziffer der Straftaten heran, ergebe sich das gegenteilige Bild. Zugenommen habe lediglich die Zahl der Anzeigen der Delikte. Gleichzeitig fühlten die Deutschen sich zunehmend sicherer: Die Kriminalitätsfurcht sinke.

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4.12.2010