Hannover (epd). Nach Ansicht von Präses Nikolaus Schneider dürfen Christenverfolgungen in islamischen Ländern keine Auswirkungen auf die Toleranz gegenüber Muslimen in Deutschland haben. "Wir können die Diskriminierung von Christen in islamischen Ländern doch nicht mit der Diskriminierung von Muslimen bei uns beantworten! Das wäre gegen all unsere Vorstellungen von der Religionsfreiheit und den Menschenrechten", sagte der amtierende Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) der "Frankfurter Rundschau" (Samstagsausgabe).
Schneider nannte es eine "bestürzende Tatsache", dass das Christentum heute die weltweit am stärksten verfolgte Religion sei. "Wir müssen unsere Regierungen drängen, die Verletzung religiöser Freiheiten oder gar religiös motivierte Verfolgung in den betroffenen Staaten deutlich anzusprechen", sagte der rheinische Präses. In der laufenden Integrationsdebatte sprach sich Schneider für einen "akademischen Islam" aus. Dieser schaffe Platz für die Trennung von Religion und Staat. "Dann wäre auch ein für allemal Schluss mit der irrigen Annahme, das religiöse Gesetz der Scharia könnte jemals Teil der säkularen staatlichen Ordnung werden", sagte der oberste Repräsentant von fast 25 Millionen Protestanten in Deutschland.
Schneider übt das Amt an der Spitze der EKD seit dem Rücktritt von Margot Käßmann im Februar amtierend aus. Auf der am Sonntag in Hannover beginnenden EKD-Synode kandidiert der 63-Jährige für eine fünfjährige Amtszeit.
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