Göttingen (epd). Mit einem nach Angaben der Initiatoren bundesweit einmaligen Projekt für suchtkranke Arbeitslose entsteht auf dem Göttinger Junkerberg-Friedhof ein Themenpfad aus Steinskulpturen. Das auf drei Jahre angelegte Qualifizierungsprojekt "A&O" (Arbeit und Orientierung) bereite die Teilnehmer auf die Wiedereingliederung in den ersten Arbeitsmarkt vor, teilte der Projektleiter und Pastor im Diakonieverband Göttingen, Thomas Harms, am Dienstag mit. Die Gesamtkosten belaufen sich auf rund 380.000 Euro.
Im Unterschied zu vielen anderen Projekten richte sich "A&O" auch an Suchtkranke, die ihre Sucht noch nicht im Griff hätten, sagte der Fachbereichsleiter des Göttinger Drogenberatungszentrums, Markus Lingemann. Jeweils ein halbes Jahr lang würden die Teilnehmer auf dem Friedhofsgelände als Ein-Euro-Jobber beschäftigt: "In dieser Zeit lernen sie die handwerkliche und künstlerische Arbeit kennen, müssen sich an Regeln halten und können sich mit anderen Teilnehmen austauschen." Einmal wöchentlich nähmen sie an einem Selbstkontrolltraining teil, das vom Bundesministerium für Gesundheit gefördert wird.
Zurzeit erarbeiteten 13 Teilnehmer mit Alkohol-, Drogen- und Spielsucht-Problemen die ersten Mosaik-Skulpturen zum Thema Leben und Tod, erläuterte der Steinmetz und ehrenamtliche Suchthelfer Hans-Joachim Kupke, der die Teilnehmer anleitet. Nach drei Jahren sollen sich rund 25 Skulpturen über das Friedhofsgelände schlängeln. Die erste Gruppe beschäftige sich zurzeit mit dem Thema Geburt.
"Die Arbeit hier gibt mir wieder eine Tagesstruktur", sagte der alkoholkranke Martin Grönmeier aus Göttingen, der sich seit zwei Jahren in Langzeittherapie befindet. Der 57-Jährige gehört zu den ersten Suchtkranken, die im Juli das Projekt begonnen haben. Wöchentlich arbeitet er dort 30 Stunden. Monatlich erhält er dafür 120 Euro zusätzlich zu seinem Hartz-IV-Geld. "Mit der künstlerischen und handwerklichen Arbeit schaffen die Suchtkranken etwas für sich und die Gesellschaft", sagte Lingemann: "Das gibt Selbstvertrauen."
Das Projekt "A&O" wurde von der Göttinger Fachstelle für Sucht und Suchtprävention und dem Drogenberatungszentrum entwickelt. Die Trägerschaft hat der Diakonieverband des evangelisch-lutherischen Kirchenkreises Göttingen übernommen. Finanziell wird das Projekt von der Klosterkammer Hannover mit 150.000 Euro, vom Landkreis und der Stadt Göttingen mit 180.000 Euro und der hannoverschen Landeskirche mit 50.000 Euro getragen.