Melodien von Muezzinruf und gregorianischem Gesang erklingen von Osnabrücker Kirchturm

Nachricht 07. September 2010

Osnabrück (epd). Das bereits in mehreren Städten kontrovers diskutierte interreligiöse Kunstprojekt "Botschaft" wird auch in Osnabrück zu hören sein. Aus einem Druckkammer-Lautsprecher, wie er für Minarette üblich ist, sollen die Melodien eines muslimischen Muezzinrufs und eines gregorianischen Gesangs erklingen, sagte Pastor Martin Wolter von der Südstadtkirchengemeinde am Dienstag dem epd.



Der Lautsprecher werde am Turm der Lutherkirche angebracht. Die Gemeinde habe dem Projekt zugestimmt, da die Mehrheit der umliegenden muslimischen Gemeinden keine Einwände habe. Die Osnabrücker Marienkirchengemeinde dagegen hatte das Projekt zuvor abgelehnt. Das Projekt der Künstlerin diene nicht dem Dialog, sondern zeuge von mangelnder Sensibilität gegenüber dem Islam wie dem Christentum, erklärte sie.



Die Künstlerin Karin Maria Zimmer (40) aus Saarbrücken wird das Stück nach eigenen Angaben selbst singen. Es wird vom 16. bis 23. Oktober sechsmal täglich zwischen 7.30 Uhr und 20.30 Uhr zu hören sein. Damit komme sie dem christlichen Stundengebet, das siebenmal verrichtet werde, und dem fünfmaligen muslimischen Gebet gleich nahe, sagte die ausgebildete Sängerin. Zimmer hat ihr Projekt bereits 2008 und 2009 in Saarbrücken und in Weingarten realisiert. Die Reaktionen in der Öffentlichkeit seien damals sehr kontrovers gewesen.



Neuralgischer Punkt für die Muslime ist nach Angaben der Künstlerin vor allem, "dass eine Frauenstimme den Gesang intoniert im Unterschied zum muslimischen Gebet, das nur von Männern gesungen wird". Pastor Wolter sagte, dass sich bei einem Treffen mit Vertretern der fünf benachbarten Moscheegemeinden lediglich einer gegen das Projekt ausgesprochen habe. Die übrigen hätten nach anfänglicher Skepsis zugestimmt. Eine Klangprobe habe sie überzeugt, dass die Sängerin sich einer Fantasiesprache bediene und nicht einen Muezzinruf imitiere.



Er selbst habe deutlich gemacht, dass es sich um ein Kunstprojekt handle, das die Religionen nicht verunglimpfen, sondern zum Dialog anregen wolle, sagte der Pastor. Die Gemeinde plane vorab eine Informationskampagne. Eine Podiumsdiskussion mit der Künstlerin werde es zum Abschluss am 23. September um 16 Uhr im Gemeindehaus der Lutherkirche geben. Anlass des Projektes ist das internationale Symposium "Religionen und Weltfrieden" über die friedensstiftende Wirkung der fünf Weltreligionen vom 20. bis 23. Oktober.



Die Marienkirchengemeinde begründete ihre ablehnende Haltung gegenüber dem Projekt am Dienstag mit ihrem Kirchenverständnis. Die Zusammenstellung gregorianischer Gesängen mit dem Ruf des Muezzin sei nicht sachgemäß. Der Muezzinruf gehöre auf ein Minarett, die gregorianischen Gesänge hätten ihren Ort in der Kirche. Gleichwohl halte die Gemeinde die Förderung des christlich-islamischen Dialogs für ein wichtiges Ziel und stelle das in zahlreichen Projekten unter Beweis, hieß es.




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