Hannover (epd). Immer mehr Senioren suchen eine Ehe- oder Lebensberatung auf. In den vergangenen 15 Jahren sei die Zahl der über 60-jährigen Hilfesuchenden um 400 Prozent gestiegen, sagte der Leiter des Evangelischen Beratungszentrums Hannover, der Diplom-Psychologe Axel Kreutzmann, am Mittwoch vor Journalisten. Der demografische Wandel und ein neues Bewusstsein vom Leben im Alter seien die Gründe für zunehmende Probleme.
"Viele wollen heute diese Zeit nicht mehr passiv ertragen, sondern aktiv gestalten", erläuterte Kreutzmann. Dann stellten sie fest, dass der Ehepartner ganz andere Vorstellungen habe: "Es gibt einige, die sich Anfang 70 mit Trennungsgedanken tragen." Diesen neuen Trend bezeichnete Kreutzmann als "Ehe-Burn-Out".
Meist sei die Selbstwahrnehmung der Älteren lebensfreudiger als die Wahrnehmung des Alters in der Gesellschaft. Dabei werde auch das Thema Sexualität im Alter häufig unterschätzt. Die Aufgabe der Beratenden sei es, den Menschen in festgefahrenen Situationen neue Sichtweisen zu eröffnen. "Sie werden mit unserer Hilfe wieder sprachfähig, nehmen sich ernst und handeln Kompromisse über die neugewonnene Freizeitgestaltung aus", sagte Kreutzmann.
Insgesamt suchten im vergangenen Jahr 2.139 Menschen die Beratungsstelle auf, neun Prozent mehr als im Jahr zuvor. Zwölf Fachkräfte des Zentrums beraten auch bei Depressionen, Ängsten, Erziehungs- oder Schwangerschaftsproblemen. Dabei suchen sich Frauen öfter Hilfe als Männer.
Hannovers Diakonie-Pastor Hans-Martin Joost befürchtet, dass die evangelische Landeskirche die finanziellen Mittel der Beratungsstelle trotz der ansteigenden Zahl der Hilfesuchenden ab 2013 um rund 200.000 Euro jährlich kürzen wird. Die Diakonie kämpfe aber für den Erhalt der Stellen. Daher werde bei der Beratung um eine dem Einkommen angepasste Kostenbeteiligung gebeten. Ratsuchende müssten derzeit etwa drei Wochen auf einen Termin warten.