Hannover (epd). Nach dem antisemitischen Angriff mit Steinwürfen auf eine jüdische Tanzgruppe in Hannover ermittelt die Polizei inzwischen gegen sechs Kinder und Jugendliche. Am Donnerstag seien ein neun- und zwei elfjährige Jungen sowie ein 16-Jähriger identifiziert worden, teilte die Polizeidirektion Hannover mit. Alle hätten einen arabischen Migrationshintergrund. Der Jugendliche sei bereits durch Rohheitsdelikte aufgefallen. Zuvor waren bereits ein 14-jähriger Deutscher und ein 19-jähriger gebürtiger Nordafrikaner ermittelt worden. Die Polizei gehe insgesamt von neun Tätern aus, hieß es.
Beim Auftritt der Tanzgruppe am Sonnabend bei einem Stadtteilfest hatten 20 bis 30 Kinder und Jugendliche zum Teil per Megafon judenfeindliche Ausdrücke gerufen und größere Kieselsteine in Richtung der Bühne geworfen. Ein Stein verletzte eine Tänzerin leicht am Bein. Die Gruppe habe daraufhin ihre Vorführung abgebrochen. Die Stadt Hannover stellte Strafanzeige wegen Volksverhetzung und Körperverletzung.
Niedersachsens Sozial- und Integrationsministerin Aygül Özkan (CDU) kündigte unterdessen an, sie wolle verstärkt für Toleranz zwischen Kulturen und Religionen werben. "Toleranz ist ein hohes Gut unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung", sagte sie. "An dieses Toleranzgebot hat sich jeder in diesem Land zu halten, ganz unabhängig von Religionszugehörigkeit, Herkunft oder politischem Standpunkt." Özkan zeigte sich bestürzt über den Gewaltausbruch: "Wir werden nicht nachlassen, in unserem Land die interkulturelle und interreligiöse Verständigung zu fördern."
Auch der stellvertretende Bischof der hannoverschen Landeskirche, Bischofsvikar Hans-Hermann Jantzen, äußerte sich entsetzt über den Vorfall: "Wir verurteilen jede Form von Antisemitismus und Rassismus und setzen uns für ein friedliches Miteinander der Religionen und Kulturen ein", sagte er am Donnerstag.
Zuvor hatten auch Vertreter jüdischer Gemeinden mit Bestürzung auf den Zwischenfall reagiert. Besonders traurig sei, dass antisemitische Einstellungen bereits unter Kindern und Jugendlichen mit Vehemenz anzutreffen seien, sagte die Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland, Charlotte Knobloch, der Tageszeitung "Die Welt".
Die bisher identifizierten sechs Kinder und Jugendlichen sollen in den nächsten Tagen zu den Vorfällen befragt werden. Die Ermittlungen dreier weiterer Tatverdächtiger dauert nach Polizeiangaben noch an.