Braunschweig (epd). Der Braunschweiger evangelische Theologieprofessor Gottfried Orth hat scharfe Kritik an der Flüchtlingspolitik in der Bundesrepublik geübt. Flüchtlinge in Deutschland seien "in besonderem Maße von Ausgrenzung und Diskriminierung betroffen" sagte Orth am Montag dem epd. Dabei bezog er sich vor allem auf das Schicksal einer von ihm betreuten Roma-Familie aus dem Kosovo, die nach 17 Jahren aus Deutschland abgeschoben werden soll.
Orth betreut diese Familie seit sechs Jahren. Ende Februar sei ihr mitgeteilt worden, dass sie in den Kosovo abgeschoben werden solle. Bis auf die älteste Tochter und ihr zweijähriges Kind lebe die Familie seitdem illegal in Deutschland. Sie sei untergetaucht und habe sich in einer Wohnung eingeschlossen. Menschen, die in Deutschland aufgewachsen seien und hier eine Lebensperspektive gefunden hätten, sollten in ein Land gebracht werden, das sie nicht kennen, sagte Orth.
Menschenrechtler, Flüchtlingsinitiativen und Kirchen hatten sich in den vergangenen Wochen wiederholt gegen Abschiebungen von Roma ins Kosovo gewandt. Für sie gebe es dort keine Arbeit und keine Unterkünfte, die meisten landeten "am Rande von Müllkippen", hieß es. Erst am Sonntag hatte der niedersächsische Flüchtlingsrat eine für diesen Dienstag geplante Abschiebung von 22 Roma aus Göttingen kritisiert.
Insgesamt 94.000 Menschen lebten in Deutschland nur mit einer Duldung und in ständiger Angst vor einer Abschiebung, davon 60.000 seit mehr als sechs Jahren, kritisierte der Theologieprofessor Orth. Durch nachrangigen Zugang zum Arbeitsmarkt oder sogar Arbeitsverbote werde dieser Personenkreis "bewusst an den Rand der Gesellschaft gedrängt".