Göttingen/Düsseldorf (epd). Trotz Appellen von Kirchen und Menschenrechtsorganisationen sollen nach Informationen des Niedersächsischen Flüchtlingsrates an diesem Dienstag rund 35 Roma von Düsseldorf aus ins Kosovo abgeschoben werden. Unter ihnen sind 22 Personen aus Göttingen: fünf Familien und eine Einzelperson. Erst vor zwei Wochen hatte das Kirchenparlament der evangelischen Landeskirche Hannovers gegen die Abschiebungen von Roma protestiert und Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann (CDU) aufgefordert, die Abschiebungen auszusetzen.
Wie der Flüchtlingsrat mitteilte, wurde die die geplante Abschiebung für eine hochschwangere Frau aus Göttingen zunächst gestoppt. Sie dürfe bis sechs Wochen nach der Geburt ihre Kindes in Deutschland bleiben. Ihre Mutter sowie ein Bruder samt Familie mit vier Kindern müssten jedoch ins Kosovo zurückkehren.
Der Flüchtlingsrat kritisierte, dass die Stadt Göttingen sich nicht an eine Resolution ihres eigenen Stadtrates vom September 2009 halte. Darin habe der Rat an den Innenminister appelliert, die Abschiebungen von Roma auszusetzen. Ihre Situation im Kosovo sei katastrophal, ihr Leben und ihre Sicherheit seien dort gefährdet. Der Flüchtlingsrat rief den Minister erneut auf, die Abschiebungen zu beenden und sich nicht in kommunale Abläufe einzumischen.
Nach Angaben von Experten leben derzeit rund 10.000 ausreisepflichtige Roma aus dem Kosovo in Deutschland, davon mindestens 2.000 in Niedersachsen. Seit Abschluss eines "Rückübernahme-Abkommens" der Innenminister der Länder mit der Regierung des Kosovo im September 2009 würden wieder Flüchtlinge dorthin abgeschoben.
Davon seien auch viele gut integrierte Familien betroffen, deren Kinder in Deutschland geboren wurden, heißt es in einer Resolution der hannoversche Landeskirche von Anfang Juni. Sie müssten einen rechtmäßigen Aufenthaltsstatus aus humanitären Gründen erhalten.
Zuvor hatten sich auch der Auslandsbischof der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Martin Schindehütte, und der frühere UN-Sonderbeauftragte für Bosnien und Herzegowina, der ehemalige Bundespostminister Christian Schwarz-Schilling (CDU), gegen eine Abschiebung von Roma ins Kosovo gewandt. Für sie gebe es dort keine Arbeit und keine Unterkünfte. Nach Angaben des Flüchtlingsverbandes "Pro Asyl" landen die meisten Heimkehrer im Kosovo "am Rande von Müllkippen".