Hannover/Oldenburg/Leer (epd). Die Diakonischen Werke in Niedersachsen haben die Streichliste der Bundesregierung als unausgewogen kritisiert. Es sei notwendig und für jeden einsichtig, dass gespart werden müsss. "Doch es ist weder ausgewogen noch fair, dass für die Kosten der Finanzkrise in schwerwiegender Weise die Familien und Arbeitslosen aufkommen sollen", sagte der stellvertretende Diakoniedirektor der hannoverschen Landeskirche, Jörg Antoine, am Dienstag in Hannover.
Die Bundesregierung hatte am Montag ihr Sparkonzept veröffentlicht, mit dem die Neuverschuldung des Bundes "abgebremst" werden soll. Danach soll der Staatshaushalt um 80 Milliarden Euro gekürzt werden. Die größte Summe soll aus dem Sozialetat kommen. Hier könnten aus Sicht der Bundesregierung 30 Milliarden Euro gestrichen werden.
Antoine kritisierte besonders die geplante Wegnahme des Elterngeldes für Hartz-IV-Empfänger. In Deutschland lebten drei Millionen arme Kinder und Jugendliche. Das Elterngeld sei eine wichtige Hilfe für junge Familien und Alleinerziehende im Hartz-IV-Bezug. Es sei "in keiner Weise sozial ausgewogen", den am stärksten von Armut bedrohten Menschen, das Elterngeld zu streichen.
Der Theologische Vorstand der Oldenburger Diakonie, Thomas Feld bezeichnete die Pläne als "Zeichen von Fantasielosigkeit". Die Kürzungen nähmen einer steigenden Zahl von Kindern, Jugendlichen, Arbeitslosen und alten Menschen alle Chancen auf Beteiligung am gesellschaftlichen Leben. "Die Folgekosten werden sehr viel teurer sein als die erwarteten Spareffekte", warnte er.
Der Geschäftsführer der Diakonie der Evangelisch-reformierten Kirche mit Sitz in Leer, Wolfgang Wagenfeld, forderte ein Umdenken der Regierung. Es sei nicht nachvollziehbar, dass zur Stabilisierung der Banken binnen kürzester Zeit Hunderte Milliarden bereitstanden, jetzt aber die Verursacher dieser Kosten nicht zur Kasse gebeten werden: "Wir brauchen eine Bankenabgabe und nicht noch weniger Geld für die Ärmsten der Gesellschaft." Außerdem müsse über eine Erhöhung der Mehrwertsteuer nachgedacht werden, die alle Menschen gleichermaßen zu zahlen hätten.
"Absolut schwachsinnig" nannte Wagenfeld die Streichung der Rentenversicherungsbeiträge für Hartz-IV-Empfänger. Damit werde das Problem lediglich auf später verschoben. Die Menschen erhielten noch weniger Rente und müssten dann wieder von den Sozialkassen unterstützt werden: "So gibt es keine Chance, dem Armutskreislauf zu entrinnen."