(epd-Gespräch)
Osnabrück (epd). Der Osnabrücker islamische Religionswissenschaftler Rauf Ceylan hat angesichts der am Wochenende veröffentlichten Studie über die Gewaltbereitschaft junger Muslime "dringend pädagogische Maßnahmen" gefordert. Die religiöse Bildung für muslimische Kinder müsse verbessert werden, sagte Ceylan am Montag in einem epd-Gespräch. Jungen Menschen müsse vermittelt werden, dass "Deutschsein und Islam sich nicht ausschließen". Zudem könne die Anerkennung des Islam als Religionsgemeinschaft wesentlich zur Identifikation mit der deutschen Rechtsordnung beitragen.
Die Studie stammt aus dem Kriminologischen Forschungsinstitut Niedersachsen (KFN) unter der Leitung von Christian Pfeiffer. Darin wird ein indirekter Zusammenhang zwischen der Gewalttätigkeit 14- bis 16-jähriger muslimischer Jugendlicher und der zunehmenden Bindung an den Islam festgestellt. Pfeiffer stützt sich in seiner Ursachenforschung auf Ceylan.
Der 33-jährige Religionswissenschaftler und Autor hatte in seinem Buch "Prediger des Islam" die überwiegend aus dem Ausland stammenden Vorbeter in den Moscheen kritisiert. Die Imame förderten eine Abschottung der Muslime. "Den Jugendlichen wird durch den Import von Imamen vor Augen geführt, dass der Islam immer noch ein Mittel zur Reproduktion der Normen und Werte aus dem Herkunftsland ist", sagte Ceylan.
Es sei allerdings nicht ausreichend, die Ursachen der Gewalt ausschließlich bei den Imamen zu suchen. Gewalterfahrungen in der Familie und das dort vermittelte Bild von Religion spielten ebenso eine Rolle. Gesellschaftliche Gewalt in Form von Diskriminierung könne ebenso entscheidend sein. Die muslimischen Kinder und Jugendlichen müssten eine aufgeklärte religiöse Erziehung erhalten und durch gleiche Bildungschancen gestärkt werden. "Insbesondere der Ausschluss aus Bildungssystem und Arbeitsmarkt sind entscheidende Faktoren für Rückzugsprozesse."
Richtig ausgebildet könnten Imame Defizite in der familiären Erziehung der muslimischen Kinder und Jugendlichen ausgleichen. An der Universität Osnabrück starte im Herbst eine Weiterbildung für Imame in deutscher Sprache. Mittelfristig müssten in Deutschland theologische Lehrstühle eingeführt werden, forderte der Experte. Im Wintersemester 2012/13 werde die Universität Osnabrück einen Bachelor-Studiengang für angehende Imame und Theologen anbieten.
Internet: www.islamische-religionspaedagogik.uni-osnabrueck.de