Von Judith Fiebelkorn (epd)
Hannover (epd). Der achtjährige Timo ist empört: "Das ist gemein, wir haben viel länger gearbeitet und sollen den gleichen Lohn bekommen!" Den ganzen Tag hat er geschuftet und Pappschachteln hergestellt. Andere sind erst am Nachmittag eingestellt worden, und der Arbeitgeber will ihnen genau wie Timo einen Taler als Lohn für ihre Arbeit zahlen. Auch die 13-jährige Lorena findet, dass diejenigen, die mehr Schachteln produziert haben, auch mehr verdienen sollten. "Warum seid ihr denn so neidisch, weil ich so gütig bin", erwidert Pastor Dirk Schliephake, der beim großen Kindergottesdienst in Hannover den Arbeitgeber spielt.
Rund 160 Kinder sind mit der "Zukunft(s)gestalten"-Stadtbahn der üstra in den Betriebshof Hannover-Leinhausen gefahren um gemeinsam ein Fest zu feiern. Unter dem Motto "Du meine Güte, Gott!" wollen sie gemeinsam mit ihren Begleitern aus hannoverschen Kirchengemeinden ein Zeichen gegen Kinderarmut setzen. Sie singen und tanzen und erleben das biblische Gleichnis von den Arbeitern im Weinberg hautnah mit. Es wurde in eine moderne Papierfabrik verlagert und lässt die Kinder am eigenen Leib die Härte der Arbeitswelt und Arbeitssuche und die Frage nach gerechtem Lohn erfahren. Das Fest ist Teil des Projekts "Zukunftsgestalten" der hannoverschen Landeskirche gegen Kinderarmut.
"Das Verhalten des Fabrikbesitzers ruft auf zur Solidarität mit Menschen, die Güte brauchen", sagt Schliephake, der den Arbeitsbereich Kindergottesdienst im Michaeliskloster Hildesheim leitet. Gemeinsam mit dem Hildesheimer Diakon Bernd Hillringhaus entwickelte er das Konzept des Festes. Kinder müssten Güte erfahren, die unabhängig davon ist, was sie leisten können, sagt er. Denn so setzten sie sich beispielsweise mit ihren Vorurteilen gegenüber Empfängern von Sozialleistungen auseinander.
In der hannoverschen Landeskirche nehmen wöchentlich rund 22.000 Kinder an Kindergottesdiensten teil. "Natürlich erreichen wir vor allem Kinder aus besseren Verhältnissen", sagt Schliephake. Mit dem Kindergottesdienstfest sei versucht worden, gezielt Kinder aus ärmeren Familien anzusprechen und für die regelmäßige Teilnahme am Gottesdienst zu gewinnen. "Durch die Gemeinschaftserfahrung werden die Kinder gestärkt, in ihrer prekären Lebenssituation nicht unterzugehen", ist sich Schliephake sicher.
Und so bekommen die Kinder die Gelegenheit, ihren symbolischen Tageslohn von einem Taler einem Menschen zukommen zu lassen, der Güte besonders nötig hat. Am Ende des Festes werden sie selbst mit einer goldenen Schachtel beschenkt. "In Gottes Reich bekommen alle das, was sie zum Leben brauchen", ruft "Arbeitgeber" Schliephake ihnen zu. Jetzt sind die Kinder nicht mehr empört, sondern klatschen begeistert Beifall.
Internet: www.zukunftsgestalten.de