3.500 Menschen demonstrieren in Hildesheim friedlich gegen einen Neonazi-Aufmarsch

Nachricht 06. Juni 2010

Hildesheim (epd). In Hildesheim haben am Sonnabend rund 3.500 Menschen friedlich gegen einen Aufmarsch von Neonazis demonstriert. Unter dem Motto "bunt statt braun" hatten Kirchen, Gewerkschaften, Schulen und weitere Initiativen zur Teilnahme aufgerufen. Nach einer Auftaktveranstaltung waren die Demonstranten mit Plakaten durch die Innenstadt gezogen. Die Rechtsextremen hatten ihren Aufmarsch unter das Motto "Tag der deutschen Zukunft - unser Signal gegen Überfremdung" gestellt.

Viele Menschen kleideten sich als Zeichen gegen eine rechte Gesinnung in weiß. In Anspielung auf das zeitgleich in Hildesheim gefeierte Europäische Michaelisfest trugen zahlreiche Demonstranten weiße T-Shirts mit der Aufschrift "Engel gegen Rechts". Der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde, Wolf-Georg Eickstedt, sagte: "Hildesheim ist bunt und weiß. Wir zeigen allen, dass wir die Braunen hier nicht brauchen."

Der evangelische Superintendent des Kirchenkreises Hildesheim-Sarstedt, Helmut Aßmann, sagte zur Parole der Rechten: "Wir brauchen, haben und wollen keinen deutsche Zukunft." Er rief "Menschen jedweder aufrechter Gesinnung" auf, sich für eine menschliche, ehrliche und gerechte Zukunft für Deutschland einsetzen.

Am Nachmittag zogen Polizeiangaben zufolge 550 Neonazis aus Norddeutschland, dem Ruhrgebiet und den östlichen Bundesländern durch die Hildesheimer Nordstadt. Sie wurden von der Polizei vor ihrem Aufmarsch nach Waffen und verbotenem Propagandamaterial durchsucht. Waffen seien nicht gefunden worden. Mit einem Großaufgebot von 2.000 Beamten verhinderte die Polizei gewalttätige Ausschreitungen zwischen Links-Autonomen und Rechtsextremisten. Bis zum frühen Nachmittag lösten die Beamten lediglich eine kleine Sitzblockade von Nazi-Gegnern auf.

Der DGB-Regionsvorsitzende Sebastian Wertmüller aus Hannover kritisierte, dass der Neonazi-Aufzug ausgerechnet durch einen Hildesheimer Stadtteil zugelassen wurde, in dem viele Migranten wohnen. "Es ist nicht nur fehlende Sensibilität, es ist kaltschnäuzige Arroganz, die angeblichen Sicherheitsüberlegungen über die Interessen der Migranten zu stellen", sagte der Gewerkschafter.

Beim ökumenischen Mittagsgebet des Europäischen Michaelisfestes auf dem Marktplatz kamen noch einmal rund eintausend Menschen zusammen. Die Vertreter europäischer Michaeliskirchen aus neun Nationen sprachen Grußworte in ihrer Landessprache. Auch dabei stand der Protest gegen den Neonazi-Aufmarsch im Mittelpunkt. "Das Michaelisfest ist ein gemeinsames Bekenntnis für ein friedliches Zusammenleben", sagt Superintendent Aßmann. Das bis zum Sonntag andauernde Fest gilt als Höhepunkt der Feiern zum 1.000-jährigen Bestehen der Hildesheimer Michaeliskirche, die zum Weltkulturerbe der UNESCO gehört.

Internet: www.buendnis-gegen-rechts-hildesheim.de; www.europafest.michaelis2010.de

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5.6.2010