EKD-Zentrum für Qualitätsentwicklung in Hildesheim offiziell eröffnet

Nachricht 01. März 2010

Mit einer interdisziplinären Tagung ist jetzt das „Zentrum für Qualitätsentwicklung im Gottesdienst“ der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) in Hildesheim eröffnet worden. Es hat seinen Sitz im Michaeliskloster – Evangelisches Zentrum für Gottesdienst und Kirchenmusik. Die Teilnehmer kamen aus dem gesamten Bundesgebiet.

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„Qualitätsentwicklung zielt auf Kundenzufriedenheit“, so fasste der Mediziner Dr. Gregor Viethen, Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft der Ärzte im Qualitätsmanagement e. V., den Anspruch zusammen. Diese sei am ehesten zu erreichen, wenn die Mitarbeiter zufrieden seien. Qualität sei mit dem Verhältnis zwischen Erreichtem und Machbarem unter Berücksichtigung des Erwünschten messbar. Bei den Kirchenaustritten sehe er einen Vergleich zu medizinisch verursachten Todesfällen, dann bestehe unmittelbarer Handlungsbedarf. Daher sei eine präventive Fehleranalyse und Fehlerbeseitigung notwendig.



Der Präsident des Oberlandesgerichtes Braunschweig, Karl-Helge Hupka, berichtete von einem achtjährigen Qualitätsmanagement in den Gerichten Niedersachsens. Die notwendigen finanziellen Einsparungen seien nur durch eine Steigerung der Qualität gerichtlicher Arbeit auszugleichen gewesen. Den Kirchen empfehle er systematische Vergleiche von Qualität, die aus wissenschaftlich fundierten Befragungen gewonnen werden können. Dabei sei die Unterscheidung von Produktqualität und Kundenzufriedenheit maßgeblich.



In weiteren anderen Fachbeiträgen spielten ebenfalls die Mitarbeiter- und Kundenzufriedenheit die maßgebliche Rolle. Allerdings ersetze ein Qualitätsmanagement nicht, die jeweiligen Ziele festzulegen, auf die sich die gewünschte Qualität beziehen solle, fasste Dipl.-Ing. Dieter Grobe von der Volkswagen AG seine Erfahrungen zusammen. Professorin Barbara Asbrand, Erziehungswissenschaftlerin an der Universität Göttingen, schilderte ein zehnjähriges Qualitätsverfahren für den schulischen Unterricht, das allerdings zu keinen greifbaren Ergebnissen geführt habe. Sie empfahl den Kirchenleuten, den schlafenden Riesen zu entdecken, der zu wecken sei, damit sich etwas ändern könne.



Die leitenden Fragestellungen für die Qualitätsentwicklung im Gottesdienst hatte der Leiter des Zentrums, Dr. Folkert Fendler, zu Beginn der Tagung formuliert: „Wann ist ein Gottesdienst gut? Wann ist ein Gottesdienst ein Gottesdienst? Wann gefällt ein Gottesdienst?“. Am Ende der Tagung forderte Dr. Jochen Arnold, Direktor des Michaelisklosters, einen Konsens über die leitenden Qualitätsziele. Dazu könne eine Balanced Scorecard helfen, die sich auf die Kunden, die Mitarbeiter, die inhaltlichen Zielen und die Öffentlichkeit beziehe. Theologisch sei davon auszugehen, dass menschliches und göttliches Tun immer zugleich wirke.



Mit Beginn des selbstverordneten Reformprozesses der evangelischen Kirchen seit 2006 stehen Fragen nach der Neuausrichtung kirchlicher Arbeit auf der Tagesordnung. Rückläufige Besucherzahlen in den Gottesdiensten, Kirchenaustritte, finanzielle Engpässe und überlastetes Personal sind einige der Krisenphänomene. Was können die Kirchen tun, um ihre Kunden mit ihren Produkten besser zu erreichen? Einig war man sich darin, dass der Gottesdienst eine zentrale Stelle für erfolgreiche Veränderungen einnimmt. Uneins war man sich in Bezug auf die praktischen Maßnahmen, die zu ergreifen sind. So blieben Begriffe wie „Kunde“ statt Glaubender oder „Produkt“ statt Gottesdienst strittig. Als Fazit kann gelten, dass es kein Zurück hinter die Anforderungen eines Qualitätsmanagements geben kann. Die Kirche muss sich mit anderen vergleichen. Es wird Benchmarking, Befragungen nach Kundenzufriedenheit, Fehlererkenntnis und Fehlerbeseitigung geben müssen. Alles dies wird sich an den gesetzten Zielen messen lassen müssen.



Die Tagung unter dem Thema „Gottes Güte und menschliche Gütesiegel – die Qualitätsfrage in Kirche und Professionsberufen“ führte Vertreter aus Industrie, Justiz, Medizin, Pädagogik und Theologie nach Hildesheim.



Das EKD-Zentrum für Qualität im Gottesdienst hat seine Arbeit Im August 2009 aufgenommen. Die Leitung des Zentrums hat der oldenburgische Pastor Dr. Folkert Fendler. Als Referent an seiner Seite steht Pastor Christian Binder. Das Büro ist mit Kerstin Blank besetzt.



Neben dem Hildesheimer Zentrum unterhält die EKD ein Zentrum für evangelische Predigtkultur in Wittenberg und ein Zentrum Mission in der Region an den Standorten Dortmund, Greifswald und Stuttgart. Die Einrichtung der drei Zentren wurde seitens des Rates der EKD und der Kirchenkonferenz als Vertretung der Landeskirchen vereinbart.



Im Internet: www.michaeliskloster.de/qualitaetsentwicklung/


1. März 2010