Elternvotum macht Weg frei für erste evangelische Gesamtschule / Diskussionen im Landtag

Nachricht 18. Februar 2010

Pewsum/Kr. Aurich (epd). Der Weg zur ersten evangelischen Gesamtschule in Niedersachsen ist frei. Die Eltern der Grundschulen und Kindergärten in den ostfriesischen Orten Hinte und Pewsum bei Emden hätten sich mit großer Mehrheit für die neue Schulform ausgesprochen, sagte der Bürgermeister der Gemeinde Krummhörn, Johann Saathoff, am Mittwochabend dem epd nach der Auszählung von Fragenbögen. Die hannoversche Landeskirche will die Haupt- und Realschulen in Hinte und Pewsum zu einer Integrierten Gesamtschule zusammenführen. Die Gemeinderäte hatten dies von der Zustimmung der Eltern abhängig gemacht.



In den vier befragten Grundschulen seien mehr als 86 Prozent der Fragebögen ausgefüllt worden, sagte Saathoff. Dabei hätten 59 Prozent der Eltern für eine kirchliche IGS gestimmt. Noch deutlicher sei das Ergebnis in den Kindergärten: Dort wollten fast 80 Prozent der Eltern die IGS. "Das ist ein gutes Ergebnis, das wir nun in den Gemeinderäten vorlegen können", sagte der Bürgermeister. Er sei sicher, dass die Gemeinderäte am 9. März nun den offiziellen Beschluss zur Schulgründung unter der Trägerschaft der hannoverschen Landeskirche fassen werden.



Der evangelisch-lutherische Regionalbischof des Sprengels Ostfriesland, Detlef Klahr, begrüßte das Ergebnis: "Die IGS wird ein wichtiger Beitrag zum Bildungsangebot in dieser Region sein und mit ihrem evangelischen Profil dazu beitragen, jungen Menschen durch die Vermittlung christlicher Werte Halt und Orientierung zu geben." Klahr dankte allen Verantwortlichen, auch der Elterninitiative "Pro IGS Krummhörn/Hinte", für ihr Engagement.



Die Bürgermeister der beiden ostfriesischen Orte waren auf die Landeskirche zugegangen, weil sie für die dortigen Haupt- und Realschulen aufgrund ihrer Schülerzahlen auf Dauer keine Überlebenschance sahen. "Mit der Kirche als Trägerin können wir den Schülern Bildungschancen bieten, die ihnen staatliche Schulen in dieser ländlichen Region nicht bieten können", sagte der Bürgermeister von Hinte, Wolfgang Schneider.



Bisher befinden sich vier allgemeinbildende Schulen in Niedersachsen in Trägerschaft der hannoverschen Landeskirche. Seit mehreren Jahrzehnten werden das Gymnasium Andreanum in Hildesheim und die Paul-Gerhardt-Schule in Dassel von der Kirche unterhalten. 2007 kam eine Grundschule in Wolfsburg hinzu, 2008 ein Gymnasium in Nordhorn. 2010 soll eine weitere allgemeinbildende Schule in Meine bei Gifhorn eröffnet werden.



epd lnb jön mig / 18.02.2010

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Geplante evangelische Gesamtschule sorgt für Diskussionen im Landtag



Hannover/Aurich (epd). Die geplante evangelische Gesamtschule nahe Emden in Ostfriesland hat am Donnerstag zu Diskussionen im niedersächsischen Landtag geführt. Die Grünen erklärten, durch solche Schulen in privater oder kirchlicher Trägerschaft werde es Eltern zwar ermöglicht, ihre Kinder auch dort an eine Gesamtschule zu schicken, wo es nach den "hohen Hürden der Landesregierung" nicht möglich wäre. "Sie müssen dafür aber einen hohen Preis in Form von Schulgeld zahlen", kritisierte die schulpolitische Sprecherin der Fraktion, Ina Korter.



Die Opposition wandte sich vor allem gegen die Regelung, das eine Gesamtschule mindestens fünf Klassenzüge aufweisen müsse. An dieser Vorgabe war die mögliche Gründung einer staatlichen IGS in Hinte und Pewsum in Ostfriesland gescheitert. Da privat getragene Gesamtschulen bereits ab drei Zügen genehmigt werden können, hatten sich die Bürgermeister der beiden ostfriesischen Orte an die hannoversche Landeskirche als möglichen Schulträger gewandt. Es wäre die erste evangelische Gesamtschule in Niedersachsen.



Kultusministerin Elisabeth Heister-Neumann (CDU) verteidigte die geltende Regelung. Eine Integrierte Gesamtschule brauche eine bestimmte Schülerzahl, um ein differenziertes Angebot vorhalten zu können. Private Schulen seien eine gewollte Ergänzung zu den öffentlichen: "Für sie gilt aber ein anderer Ansatz." Sie sollten unter anderem besondere pädagogische Angebote unterbreiten. "Dafür brauchen und haben die Schulen in freier Trägerschaft erheblich erweitere Gestaltungsspielräume." Dabei seien sie zwar berechtigt, nicht aber verpflichtet, ein Schulgeld zu erheben.



Für die SPD sagte die Abgeordnete Frauke Heiligenstadt: "Die Bildungspolitik der CDU fährt die öffentlichen Schulen gegen die Wand, so dass Private den Ausputzer spielen müssen." Die Linken kritisierten, dass an der geplanten evangelischen Gesamtschule kein Unterricht in Werte und Normen als Alternative zum Fach Religion angeboten werde. Heister-Neumann entgegnete, dass Eltern, die ihre Kinder an eine evangelische Schule schickten, in der Regel auch einen religiösen Hintergrund hätten.



Ministerpräsident Wulff (CDU) betonte, öffentliche und private Schulen dürften und sollten nicht gleichbehandelt werden. In Niedersachsen gibt es nach Angaben der Landesregierung rund 3.100 öffentliche und 150 private Schulen.



epd lnb mig mir / 18.02.2010

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