Hannover (epd). In der Wirtschaftskrise hält der evangelische Sozialethiker Professor Gerhard Wegner einen fairen Umgang zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern für notwendig. Unternehmen sollten sich als "Schicksalsgemeinschaft" von Mitarbeitern, Unternehmensleitung und Kunden begreifen, sagte der Direktor des Sozialwissenschaftlichen Instituts der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) in Hannover am Donnerstag im epd-Gespräch. Das Ziel müsse sein, schwierige Zeiten gemeinsam zu bewältigen und so viele Mitarbeiter wie möglich zu behalten.
Wegner nannte die Ausweitung des Kurzarbeitergeldes ein gutes Beispiel für Anstrengungen, Mitarbeiter trotz der Krise im Betrieb zu halten. In einigen Fällen machten ältere Beschäftigte freiwillig ihren Platz für jüngere Kollegen frei. Unternehmer hätten auch die Möglichkeit, zeitweilig die Gehälter für alle abzusenken. Um glaubwürdig zu sein, müsse sich auch die Leitung daran beteiligen.
Eine solche "Schicksalsgemeinschaft", die dem christlichen Verständnis entspreche, könne zwar nicht überall umgesetzt werden, räumte der Theologe ein. "Diese Vorstellung trifft aber das Gerechtigkeitsgefühl der meisten Menschen." Wenn sich Entlassungen nicht vermeiden ließen, sei erst recht ein transparenter und fairer Umgang miteinander erforderlich.
Als eines der drängendsten Probleme sieht Wegner die Verschuldung als Folge der Bankenkrise an. Für die Rettung der Banken werde die Allgemeinheit zahlen müssen. Dann drohten erneut Einschnitte im Sozialhaushalt, befürchtet der Theologe. "Das trifft vor allem wieder die Schwächeren." Deshalb müssten die sozialen Sicherungssysteme auf den Prüfstand gestellt werden. Ein möglicher Weg sei ein Umbau der Arbeitslosenversicherung in eine Beschäftigungsversicherung.
Bei der Bewältigung der Krise misst Wegner Betriebsräten eine tragende Rolle zu. Viele Impulse zur Rettung angeschlagener Unternehmen wie Opel oder Schaeffler seien von den jeweiligen Betriebsräten ausgegangen, sagte er. Misstrauen und Kontrollen in einem Unternehmen trieben lediglich die Kosten nach oben. "Produktiv ist ein Unternehmen vor allem dann, wenn es motivierte und produktive Mitarbeiter hat", betonte der Sozialethiker.
epd lnb lwd mig / 10.9.2009
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