Theaterprojekt "Luther 2009" des Theaters für Niedersachsen rückt den Reformator in ein neues Licht

Nachricht 01. September 2009

Foto: Luthers Hochzeit: Annette Ziegemeyer (Barbara Cranach), Christoph Linder (Lucas Cranach), Katharina Nesytowa (Katharina von Bora), Fritz Baltruweit (Johann Bugenhagen), Julian Simon (Martin Luther), Hendrik Massute (Justus Jonas) und Martin-G. Kunze (Johann Apel)

Von Nora Wiedenhöft (epd)

Hannover (epd). Weihrauch satt in einer evangelischen Kirche? "Luther 2009" macht es möglich. Am Dienstagabend hatte die "szenische Collage" von Peter Ries in der Markuskirche in Hannover Premiere. Das Theaterstück, das in einer Kooperation der hannoverschen Landeskirche mit dem Theater für Niedersachsen entstanden ist, rückt den Reformator Martin Luther (1483-1546) in ein völlig neues Licht. Farbige Lichtinstallationen tauchen den Kirchenraum mal in ein dunkles Violet und dann wieder in ein leuchtendes Rot. Oft erklingen die Stimmen der Schauspieler aus unvermuteten Ecken der Kirche. Untermalt werden die Szenen durch Live-Musik von Flöten und Gitarre.

Die 13 sehr unterschiedlichen Szenen, in denen Luthers Wirken erzählt wird, beschreiben mitreißend und deutlich das Spannungsfeld, in dem er sich befand. Der niedersächsische Autor und Regisseur Ries bewundert vor allem den Mut des Reformators. Jeder müsse Luthers Geschichte als Aufgabe für sich selbst verstehen: "Zur rechten Zeit mutig seine Meinung zu sagen", sagte er am Montagabend bei der Voraufführung in Hannover.

Im Altarraum stellt das Kreuz Christi den Hintergrund aller Szenen dar. Es geht Ries darum, die Kraft und Bedeutung Luthers an seinem Ursprungsort in der Kirche, neu zu entdecken. Die Sätze der Schauspieler hallen oft noch im Kirchenraum nach. So etwa auch die Frage Luthers: "Mein Gott, bist Du tot?". Die Dringlichkeit und Verzweiflung des Reformators bleiben im Raum präsent. Nur wenige Szenen später irrt Luther durch die Publikumsränge, sucht nach Antworten.

Das geschriebene Wort steht im Mittelpunkt des Stücks: "Ein Theologe ohne Sprache ist wie ein Vogel, der fliegen will und dem man die Flügel gestohlen hat", sagt einer von Luthers Mitstreitern. Er beschreibt seinen Ehrgeiz, die Bibel aus dem Lateinischen zu übersetzen und damit das Wort für jeden zugänglich zu machen.

Während ein Widersacher Luthers in seinen roten Lackschuhen kalt und geradezu überheblich wirkt, erscheint der Reformator still, glanzlos und in sich gekehrt. So wird die Zerrissenheit deutlich, die ihn oft geplagt haben muss. Im eindringlichen Gebet sitzt er vor dem Altar, an der Wand flackert sein Schatten im Kerzenschein.

Neben Luthers Wirken als Reformator nimmt der Regisseur besonders auch sein gesellschaftliches Leben in den Blick. Mehrere Szenen setzen sich mit dem Mönch Luther und der Nonne Katharina von Bora (1499-1552) auseinander, die später heiraten. Im damaligen Wittenberg eine Todsünde. Hier wird dem Zuschauer das Gefühl vermittelt, Luther sehr nah zu sein: "An solchen Spielszenen können wir viel über das Verhältnis von Mann und Frau damals und heute sagen", erklärt Ries. Luther habe nicht nur die Bibel übersetzt und unters Volk gebracht, sondern in der damaligen Gesellschaft eine Ehe mit einer emanzipierten Frau vorgelebt.

Ries beschäftigt sich seit knapp 15 Jahren mit dem Leben und der Wirkungsgeschichte Luthers und nennt ihn einen "produktiven Störenfried". Das Stück hat er vor allem mit Absolventen der hannoverschen Hochschule für Musik und Theater erarbeitet. Nach dem erfolgreichen Stück "Godspell" aus dem Jahr 2002 ist "Luther 2009" das zweite Gemeinschaftsprojekt von hannoverscher Landeskirche und dem Theater für Niedersachsen. Gefördert wird es von der Hanns-Lilje-Stiftung, der Klosterkammer Hannover und der Niedersächsischen Lottostiftung. Das Stück tourt bis Ende Oktober durch 40 Kirchen zwischen Buxtehude und Hann. Münden.

Internet: www.Luther2009.de
 


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