Verfassungsrichter Di Fabio: Demokratie braucht Religion

Nachricht 27. August 2009

Aurich (epd). Religion ist nach Ansicht des Bundesverfassungsrichters Udo Di Fabio (55) für die Demokratie unverzichtbar. Die moderne Demokratie brauche eine Balance von Glaube und Vernunft auf einer gemeinsamen Wertegrundlage, sagte der Jurist einem vorab veröffentlichten Manuskript zufolge am Mittwochabend in Aurich beim Jahresempfang des evangelisch-lutherischen Kirchenkreises. Gleichzeitig warnte er die Kirchen, sich von politischen Parteien vereinnahmen zu lassen.



Der aus Duisburg stammende Di Fabio gehört seit Dezember 1999 dem Zweiten Senat des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe an. Die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung und die Initiative "Neue Soziale Marktwirtschaft" zeichneten den Juristen für sein Buch "Die Kultur der Freiheit" als "Reformer des Jahres 2005" aus. Darin fordert er eine gesellschaftliche Umorientierung weg von Ideen der Selbstverwirklichung und hin zu einem Leben in sozialen, vor allem familiären Bindungen.



Im 20. Jahrhundert hätten sich die christlichen Kirchen und jüdischen Gemeinden in Deutschland die Demokratie zu eigen gemacht und sich nicht nur mit ihr arrangiert, sagte Di Fabio. In ihrer Eigenständigkeit seien sie zu bedeutenden Trägern des demokratischen Gedankens geworden. Ihre Bedeutung wachse in dem Maße, wie die bürgerschaftlichen Grundlagen des demokratischen Rechtstaates allgemein verloren gingen.



Kirchenmitglieder sind Di Fabio zufolge überproportional ehrenamtlich in der Gesellschaft engagiert. Sie leisteten wichtige Arbeiten in den Parteien und sozialen Einrichtungen. "Sie bilden mit Familien und Vereinen die eigentliche Zivilgesellschaft", betonte der Verfassungsrichter. Er rief die Kirchen dazu auf, stärker für eine Gesellschaft einzutreten, die ihren Glaubensbotschaft entspricht.




epd lnb jön mil / 26.8.2009

Copyright: epd-Landesdienst Niedersachsen-Bremen