Landesbischöfin verlangt höhere Sätze in der Altenpflege

Nachricht 27. Juni 2009

Hannover (epd). Die hannoversche Landesbischöfin Margot Käßmann hat von den Kassen höhere Pflegesätze in der Altenpflege gefordert. "Wenn es keine angemessene Bezahlung gibt, ist die Würde der Pflegenden wie der Gepflegten gefährdet", sagte sie am Freitag in Hannover auf epd-Anfrage. Die Bischöfin äußerte sich im Blick auf die Diskussion um fünf Pflegeheime der Caritas mit rund 580 Beschäftigten in Hannover, die kurz vor der Insolvenz stehen und von einem evangelischen Werk mit Sitz in Berlin übernommen werden sollen. "Wir brauchen nicht nur einen Schutzschirm für Banken und Unternehmen, sondern gerade auch für die Menschen, die auf Pflege angewiesen sind", betonte sie.



Mit der geplanten Übernahme will erstmals in Deutschland ein evangelischer Sozialträger mehrere katholische Einrichtungen erwerben. Das Evangelische Johannesstift aus Berlin hatte angekündigt, den Beschäftigten der Caritas-Heime künftig bis zu 13 Prozent weniger Lohn zu zahlen. Nur so seien die defizitären Heime zu zu retten. In Einzelverträgen soll künftig ein in Berlin und Ostdeutschland geltender niedrigerer Tarif angewendet werden.



"Wir machen uns seit langer Zeit Sorgen um die Löhne in der Pflege", sagte Käßmann. Zuallererst sei die Politik gefragt, für angemessene Tarife zu sorgen und dem ständigen Lohndruck vor allem durch private Anbieter entgegenzutreten. Die Beschäftigten in den Altenheimen erbrächten eine "enorme Pflegeleistung", die entsprechend honoriert werden müsse. Die Bischöfin kündigte "intensive Gespräche" innerhalb der evangelischen Kirche und ihrer Diakonie an.



Auch der katholische Diözesan-Caritasdirektor Hans-Jürgen Marcus aus Hildesheim hatte die niedersächsischen Pflegekassen aufgefordert, höhere Sätze zu zahlen. Niedersachsen bilde unter den westdeutschen Bundesländern das Schlusslicht, die Sätze lägen hier bis zu 20 Prozent unter dem Durchschnitt. 60 Prozent der Altenhilfe-Einrichtungen im Land werden nach seinen Angaben privat getragen, nur ein Fünftel von den Wohlfahrtsverbänden.



Die fünf Caritas-Heime mit 530 Bewohnern und 250 ambulanten Patienten hatten im vergangenen Jahr ein Defizit von 1,8 Millionen Euro eingefahren, weil die Ausgaben nicht mehr durch die Pflegesätze abgedeckt werden konnten. Nach Schätzungen des Johannesstiftes muss eine Vollzeit-Arbeitskraft den Plänen zufolge künftig auf etwa 300 Euro brutto im Monat verzichten.



Bis zum Ende der Sommerferien sollen alle Beschäftigten den neuen Verträgen zustimmen. "Kriegen wir die Zustimmung nicht, wird es zu keiner Zusammenarbeit kommen", sagte Pfarrer Martin von Essen als Vorsteher des Johannesstiftes. Die Heime stünden dann erneut vor der Insolvenz. Eine Altenpflegerin verdient bei der Caritas zurzeit rund 35.000 Euro brutto im Jahr. Bei privaten Anbietern sind es rund 25.000 Euro.



epd lnb mig/26.6.2009

Copyright: Copyright: epd-Landesdienst Niedersachsen-Bremen