Osnabrück (epd). Das Land Niedersachsen will sich für eine Ausweitung seines Erziehungslotsenprojektes auf ganz Deutschland einsetzen. Die ersten Erfahrungen mit dem bisher einzigartigen Projekt seien sehr positiv, sagte Christine Hawighorst, Staatssekretärin im Familienministerium, am Mittwoch vor Journalisten in Osnabrück. Familien seien heutzutage vielfältigen Drucksituationen ausgesetzt durch Arbeitsplatzunsicherheiten, Stressphasen im Beruf oder Schulschwierigkeiten der Kinder. Eine Großfamilie oder die Nachbarschaftshilfe, die früher häufig in akuten Problemlagen eingesprungen sei, gebe es häufig nicht mehr. Da könnten sich kurzfristige Überforderungen schnell zu dramatischen Problemen auswachsen, sagte Hawighorst.
Damit es gar nicht erst soweit komme, sollten die Erziehungslotsen einspringen. Für bis zu drei Stunden pro Woche könnten sie eine Familie maximal ein Jahr lang begleiten. Gut 250 ehrenamtliche Erziehungslotsen würden zunächst noch bis Jahresende an 19 Familienbildungsstätten ausgebildet. Die Vermittlung in Familien sollte dann über die 280 Familien- und Kinderservicebüros in Niedersachsen laufen, sagte Hawighorst. "Das ist wenig Aufwand für viel Hilfe. Dieses Projekt sollte Schule machen."
Die Ehrenamtlichen benötigten keine pädagogische Aus- oder Fortbildung. Ein 45-stündiger Qualifizierungskurs solle sie auf die Aufgabe vorbereiten, sagte Elke Berning, Leiterin der evangelischen Familienbildungsstätte Osnabrück: "Es genügt, wenn sie ansonsten ihren gesunden Menschenverstand und ihre Lebenserfahrung den Familien zur Verfügung stellen." Sie sollten etwa Kinder bei den Hausaufgaben betreuen, Tipps für Freizeitbeschäftigungen geben, über Beratungseinrichtungen und Behörden informieren oder einfach ein offenes Ohr haben für die Anliegen der Familie.
Die evangelische und die katholische Familienbildungsstätte in Osnabrück haben nach eigenen Angaben das Projekt mit vorbereitet. Die ersten Erziehungslotsen seien deshalb bereits im Einsatz. So sei etwa eine alleinerziehende blinde Mutter über sechs Monate betreut worden. Eine Erziehungslotsin entlaste derzeit eine alleinerziehende Mutter von fünf Kindern bei der Freizeitgestaltung. Die Vermittlung funktioniere derzeit vorwiegend nur über die Netzwerke der Familienbildungsstätten. "Dennoch können wir teilweise gar nicht so viele Erziehungslotsen vermitteln wie Bedarf da ist", sagte Projektkoordinatorin Eva-Maria Kuhn.
Der Landkreis Osnabrück und umliegende Kommunen hätten sich zur Zusammenarbeit bereiterklärt. Allerdings habe die Stadt eine Vermittlung über das dortige Familienservicebüro zunächst abgelehnt, sagte Berning. Eine Vermittlung der qualifizierten Erziehungslotsen könnten die Familienbildungsstätten auf Dauer jedoch nicht leisten. Die Staatssekretärin sieht dennoch keine Gefahr für das Projekt. Die kommunalen Spitzenverbände hätten im Vorfeld wohlwollendes Interesse signalisiert. Sie gehe davon aus, dass die angesprochenen Familienservicebüros letztlich ihren Teil beitrügen.
epd-lnb mas mil/10. Juni 2009
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