Sozialministerin Ross-Luttmann: Ehemalige Heimkinder sollen Akteneinsicht erhalten

Nachricht 08. Juni 2009

Hannover (epd). Ehemalige Heimkinder aus Niedersachsen, die in kirchlichen oder staatlichen Erziehungsheimen misshandelt wurden, sollen künftig Einsicht in ihre Akten erhalten. Niedersachsens Sozialministerin Mechthild Ross-Luttmann (CDU) sicherte den Opferverbänden am Montag in Hannover ihre Unterstützung dafür zu. "Damit die Betroffenen endlich mehr Licht in eines der dunkelsten Kapitel der deutschen Jugendhilfe bekommen", sagte sie nach einem Fachgespräch mit Vertretern von Kirchen, Wohlfahrtsverbänden und Kommunen.

Der Niedersächsische Landkreistag unterstützt das Anliegen. "Die kommunalen Spitzenverbände setzen sich bei den Städten und Gemeinden dafür ein, dass ehemalige Heimkinder Zugang zu den vorhandenen Akten erhalten", sagte Vorstandsmitglied Hubert Meyer. Die Akten lagern zum großen Teil in staatlichen und kommunalen Archiven.

Ministerin Ross-Luttmann will den Betroffenen helfen, die Bestände in Staatsarchiven und Gerichten einzusehen, die der Landesverwaltung unterstehen. Das Niedersächsische Staatsarchiv in Hannover hat nach ihren Angaben bislang 322 Personalakten sichern können. Auch in den anderen sechs Staatsarchiven werde momentan recherchiert. "Das Bewusstsein für das den Kindern damals zugefügte Unrecht muss erhalten bleiben", sagte die Minsterin: "Die damaligen unsäglichen Demütigungen sind erschütternd." Sie seien meilenweit vom heutigen pädagogischen Alltag entfernt gewesen.

Zwischen 1945 und 1975 wuchsen bundesweit mehrere Hunderttausend Kinder und Jugendliche in Waisenheimen und Erziehungsanstalten auf, davon rund 50.000 in Niedersachsen. Drei Viertel der Heime wurden von kirchlichen Trägern geführt. Viele Insassen litten unter brutalen Erziehungsmethoden, Arbeitszwang, Prügel und sexuellen Übergriffen. Bundesweit leben noch rund eine halbe Million ehemalige Heimkinder. Viele sind bereits über 80 Jahre alt.

epd lnb mig/8.6.2009

Copyright www.epd-niedersachsen-bremen.de