Hannover (epd). Die hannoversche Landesbischöfin Margot Käßmann hat eine unbefristete Aufenthaltsgenehmigung für die in Deutschland ankommenden Irak-Flüchtlinge gefordert. Die Menschen hätten traumatische Erfahrungen gemacht und müssten Zugang zu Therapien erhalten, sagte sie am Donnerstag dem epd: "Es geht darum, ihnen ein Gefühl der Sicherheit zu vermitteln." Auch die seelischen Verletzungen von Kindern müssten behandelt werden: "Das kann aber nicht glücken, wenn sie in Angst leben, wieder abgeschoben zu werden." Die ersten 120 von insgesamt 2.500 Irak-Flüchtlingen trafen am Donnerstag in Deutschland ein.
Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Staatsministerin Maria Böhmer (CDU), rief dazu auf, die Irak-Flüchtlinge "mit offenen Armen" zu empfangen: "Es ist ein Gebot der Menschlichkeit, dass wir den Schutz suchenden Menschen schnell helfen", sagte sie in Berlin. Böhmer hob hervor, dass die Iraker an Integrationskursen des Bundes teilnehmen sollten: "Bildung ist der Schlüssel für Integration." Das UN-Flüchtlingskommissariat UNHCR dankte den deutschen Behörden und der Zivilgesellschaft für die Bereitschaft, die Iraker aufzunehmen. Dies sei "ein wichtiges humanitäres Signal für den Flüchtlingsschutz und die Solidarität", erklärte das Hilfswerk.
Auch die katholische Deutsche Bischofskonferenz begrüßte die Aufnahme der Flüchtlinge. "Leider gehören dazu viele Angehörige religiöser Minderheiten, der Anteil der Christen ist besonders hoch", sagte Weihbischof Josef Voß aus Münster. Sie litten unter der Gewalt im Irak und müssten vor gezielten Angriffen muslimischer Fanatiker fliehen. Häufig hätten sie ihre materielle Lebensgrundlagen vollständig verloren: "Eine Rückkehr ohne Gefahr für Leib oder Leben ist für sie kaum realistisch." Die Hilfsorganisationen "Pro Asyl" und "Missio" erklärten, die Aufnahme der 2.500 Iraker könne nur der erste Schritt sein. Mehr Flüchtlinge und ein kontinuierliches Aufnahmeprogramm müssten folgen.
Käßmann plädierte für eine humane Flüchtlingspolitik. "Wir müssen immer wieder deutlich machen, dass das Christentum die weltweit am meisten verfolgte Religion ist", sagte die Bischöfin. Sie habe die Sorge, dass es demnächst zwei Klassen von Flüchtlingen geben werde: "Die einen mit einem gesicherten Aufenthaltsstatus, die anderen in ständiger Bedrohung durch eine Abschiebung und mit minimalen Chancen auf eine Härtefallregelung." Die Bischöfin kritisierte, dass die Arbeit in der niedersächsischen Härtefallkommission für Flüchtlinge schleppend verlaufe. Hier wünsche sie sich ein Signal für mehr Humanität.
Die EU-Innenminister hatten Ende November beschlossen, rund 10.000 besonders schutzwürdigen irakischen Flüchtlingen Zuflucht zu gewähren, unter anderem Christen, Mandäer und Yesiden. Von ihnen sollen 2.500 in Deutschland aufgenommen werden. Das UN-Flüchtlingskommissariat UNHCR und das Bundesamt für Migration und Flüchtlingsfragen in Nürnberg wählen die Flüchtlinge in Syrien und Jordanien aus.
Von diesem Donnerstag an sollen alle zwei Wochen bis zu 145 von ihnen mit dem Flugzeug in Deutschland ankommen. Die Aufnahmeaktion soll etwa ein dreiviertel Jahr dauern. Die Flüchtlinge werden zunächst werden ins Durchgangslager Friedland bei Göttingen gebracht und später auf die Bundesländer verteilt. Ihre Aufenthaltserlaubnis ist zunächst auf drei Jahre befristet.
epd-lnb mig mil / 19.3.2009
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