Skepsis und vorsichtige Zustimmung - Synodale im Nordwesten diskutieren Kirchenfusion / Braunschweiger sind offen für Kooperation

Nachricht 17. März 2009
Hintergrundberichte des epd zur Diskussion um eine Kirchenfusion in Niedersachsen und die Dokumentation der Tagung der Synode der Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen finden Sie auf www.evangelische-konfoederation.de
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Skepsis und vorsichtige Zustimmung -
Synodale im Nordwesten diskutieren über gemeinsame Kirche in Niedersachsen

Von Jörg Nielsen (epd)

Oldenburg/Leer/Hannover (epd). Die Kirchenparlamentarier im Nordwesten Niedersachsens betrachten die Pläne zur Schaffung einer gemeinsamen evangelischen Kirche in dem Bundesland skeptisch bis abwartend. Am Sonnabend einigten sich in Hannover die Delegierten der Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen darauf, in ihren Einzelsynoden die Stimmung für einen Zusammenschluss auszuloten. Der Konföderation gehören die lutherischen Landeskirchen von Hannover, Braunschweig, Oldenburg und Schaumburg-Lippe sowie die Evangelisch-reformierte Kirche mit Sitz in Leer an.

Bei den Oldenburger Synodalen gibt es überwiegend Skepsis. "Wir sind bereit, in Gespräche einzutreten", sagt Annemarie Cornelius aus Butjadingen. "Aber wir müssen auch unsere Oldenburger Flagge hochhalten." Die oldenburgische Kirche vollziehe derzeit eine langjährige Verwaltungsstruktur-Reform, die noch nicht abgeschlossen sei. "Wir haben erst einmal genug mit unseren eigenen Reformen zu tun." Bischof Jan Janssen hat den Kommunikationsprozess begrüßt, gibt aber zu bedenken: "Was ein so großes Gebilde für die Identität und für die Identifikation der Menschen mit ihrer Kirche bedeuten würde, muss jedoch beachtet werden."


Auch die Präsidentin der Synode, Sabine Blütchen, sieht aktuell keinen Grund für einen Zusammenschluss. Der Antrag aus Hannover habe alle anderen Kirchenparlamentarier sehr überrascht. "Wir stehen zu dem fast 40 Jahre alten Konföderationsvertrag", sagt die Rechtsanwältin. Ob es eine neue Kirche geben werde oder ob die Konföderation gestärkt wird, bleibe abzuwarten. Das Oldenburger Kirchenparlament wird das Thema am 14. und 15. Mai in Rastede diskutieren.


Deutlich positiver betrachten die reformierten Christen eine mögliche neue Kirche in Niedersachsen. Doch auch sie legen Wert auf ihrer Besonderheiten. "Wir können uns eine unierte Kirche, in der reformierte und lutherische Christen gleichberechtigt nebeneinander bestehen können, sehr gut vorstellen", sagt Garrelt Duin aus Hinte, der zugleich Präses der Gesamtsynode ist. Einer lutherischen Kirche in Niedersachsen würden die Reformierten jedoch nicht zustimmen.

In einer niedersächsischen Kirche könnten Verwaltungsfragen schneller entschieden werden, sagt Duin. Gemeinsame Kirchengesetze müssten dann nicht mehr von allen fünf Synoden bestätigt werden. Er erinnerte daran, dass viele der reformierten Kirchengemeinden außerhalb Niedersachsens liegen. Auch Duin will zunächst die Diskussion in der Gesamtsynode am 22. Mai in Emden abwarten. Der Synodale Dieter Mansholt aus Emden sieht die tief verwurzelten Landsmannschaften als größtes Hindernis für eine gemeinsame Kirche. "Die Oldenburger wollten noch nie zu Hannover gehören." Die Idee einer großen Kirche sei faszinierend: "Doch wir müssten alle vorher noch viel voneinander lernen."

Internet: www.kirche-oldenburg.de; www.reformiert.de

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Braunschweiger sind offen für Kooperation mit niedersächsischen Kirchen - Fusion zu gemeinsamer evangelischer Kirche stößt jedoch auf Vorbehalte

Von Manfred Laube (epd)

Braunschweig (epd). Die erste Aufregung hat sich bereits gelegt. Dennoch sorgt der Vorstoß des braunschweigischen Landesbischofs Friedrich Weber, über eine gemeinsame evangelische Kirche in Niedersachsen nachzudenken, für heftige Diskussionen im Braunschweiger Land. "Mich hat das ziemlich umgehauen", sagt Dagmar Bolte. Als Mitglied der Synode der Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen hatte sie erst am vergangenen Wochenende von der Idee ihres Bischofs erfahren. Sie fühle sich hintergangen, sagt sie. Als derzeitiger Ratsvorsitzender hatte Weber dazu aufgerufen, die "kirchlichen Weichen" für einen Zusammenschluss der lutherischen Kirchen von Braunschweig, Hannover, Oldenburg und Schaumburg-Lippe sowie der Evangelisch-reformierten Kirche neu zu stellen.

Propst Andreas Weiß in Königslutter hatte am Tag danach "die ganze Propstei am Telefon". Für viele Braunschweiger geht es auch um die Frage, ob die beinahe 200 Jahre alten Grenzen des Herzogtums noch heute Identität stiften können. Die meisten Kirchenmitglieder, die sich bisher geäußert haben, zeigen sich offen für Kooperationsmodelle bis hin zur Bildung eines gemeinsamen Landeskirchenamtes. Eine Fusion der braunschweigischen Landeskirche mit ihren rund 405.900 Mitgliedern mit der großen hannoverschen Landeskirche, die mehr als drei Millionen Mitglieder zählt, und weiteren niedersächsischen Kirchen stößt dagegen auf Vorbehalte.

Der Propst in Braunschweig, Thomas Hofer, vertritt den Standpunkt, dass sich braunschweigische Eigenständigkeit und die Zusammenarbeit mit anderen Kirchen nicht ausschließen. Die Erfahrung zeige aber auch, dass größere Einheiten nicht zwangsläufig Kosten sparten, sagte er dem epd.

Propst Weiß in Königslutter war sieben Jahre lang Pfarrer der hannoverschen Landeskirche und ist seit sieben Jahren Propst in der braunschweigischen Landeskirche. Ein kleiner Teil der Stadt Königslutter gehört zur hannoverschen Landeskirche. Weiß geht davon aus, dass es auch bei einem Zusammenschluss einen braunschweigischen Landesbischof geben wird. Der Theologe bezweifelt aber, dass die historischen Grenzziehungen heute noch eine identitätsstiftende Wirkung haben: "Unsere Identität als Christen hat mit dem Herzogtum nichts zu tun." Der Propst vermutet, dass der Fußballverein Eintracht Braunschweig oder der Braunschweiger Karnevalsumzug mehr zur Identität beitrügen als die alten Grenzen.

Braunschweigs Domprediger Joachim Hempel plädiert dafür, die Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen "mit Kreativität und Pfiffigkeit" weiterzuentwickeln, ohne die Landeskirchen zu zerschlagen. Gelassen reagiert der Schöninger Bürgermeister Matthias Wunderling-Weilbier. Er gehört sowohl der braunschweigischen Landessynode als auch der Konföderationssynode an und leitet den Aufsichtsrat des braunschweigischen Diakonischen Werkes. "Das Thema ist seit einigen Jahren virulent", sagt der parteilose Kommunalpolitiker. Entsprechende Diskussionen gebe es auch zwischen den Diakonischen Werken in Niedersachsen. Die rückläufige Bevölkerungsentwicklung erfordere solche Überlegungen.


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