Hannover (epd). Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) kritisiert die Gehälter deutscher Top-Manager. Unverhältnismäßig hohe Bezüge zerstörten das Vertrauen der Menschen in die Wirtschaft, heißt es in der dem epd vorliegenden Denkschrift "Unternehmerisches Handeln in evangelischer Perspektive", die am Mittwoch (9. Juli) in Berlin vorgestellt werden soll. "Der Abstand zwischen Gehältern in einem Unternehmen muss vor den Beziehern der geringsten Gehälter gerechtfertigt werden", wird in dem Text gemahnt, über den einige Medien bereits am Sonntag vorab berichteten. Zugleich wird geordneter Wettbewerb als Quelle für allgemeinen Wohlstand anerkannt.
Die Denkschrift lade zu einem neuen Dialog zwischen evangelischer Kirche und Unternehmertum ein, betont der EKD-Ratsvorsitzende, Bischof Wolfgang Huber, im Vorwort des 127 Seiten starken Papiers: "Die Denkschrift ermutigt zu unternehmerischem Handeln als einer wesentlichen Quelle für gesellschaftlichen Wohlstand."
Mit Blick auf das umstrittene Verhalten einiger Manager in jüngster Zeit erinnert die EKD an ethische Grundsätze. Wer berufliche Risiken übernehme, "kann nach menschlichem Ermessen scheitern". Geschieht dies nach den Grundregeln des "ehrbaren Kaufmanns", sei das Scheitern kein Stigma. Wenn sich die Eliten allerdings wenig moralisch verhielten, "haben auch andere wenig Skrupel, sich ebenfalls fragwürdig zu entscheiden".
Gerade in der heutigen Lage werde deutlich, "dass sich hoher Wohlstand und die Beteiligung möglichst aller an der Gesellschaft nicht nur durch Verteilung des bereits vorhandenen Vermögens erreichen lässt", heißt es in dem EKD-Text weiter. In einem bestimmten Ordnungsrahmen von Wettbewerb und sozialem Ausgleich könne "Streben nach persönlichem Wohlergehen zugleich zum Wohlstand aller führen".
Die evangelische Kirche plädiert in ihrer Denkschrift zudem für eine "Kultur der Selbstständigkeit". Selbstständige tragen der EKD zufolge dazu bei, "Probleme in Staat und Gesellschaft zu lösen". Nur eine Minderheit der Menschen sei jedoch bereit, ein Risiko einzugehen, um "Güter und Talente zu vermehren", wie es bereits in der Bibel stehe. Weitaus die meisten Menschen blieben von der Initiativkraft anderer abhängig und darauf angewiesen, Arbeitsplätze in Unternehmen zu finden.
Das Papier beklagt allerdings Auswüchse des Kapitalmarkt-Kapitalismus. Beunruhigend sei der Abbau von Arbeitsplätzen in gut verdienenden Unternehmen. Bischof Huber wies zugleich auf den wachsenden Wettbewerbsdruck auf dem Arbeitsmarkt hin. Vom Ausschluss bedroht seien besonders Personen mit geringer beruflicher Qualifikation. Die "Option für die Armen", die im Zentrum der evangelischen Sozialethik stehe, verpflichte dazu, auch diesen Gruppen Zugang zu Beschäftigung und einer besseren Qualifikation zu eröffnen.
Ebenso kritisierte die EKD einen Überbetonung der "Shareholdervalue-Orientierung". Wenn die Anlegerinteressen eine solche Bedeutung gewönnen, dass die Interessen der Arbeitnehmer und Verbraucher in den Hintergrund rücken, "schwindet das Vertrauen, das wirtschaftliches Handeln trägt". Da unternehmerisch Tätige über Macht verfügten, werde zu Recht von ihnen erwartet, dass sie gemeinschaftlich anerkannten Werten folgen und Vorbild sind. "Nur so lässt sich ihre Macht rechtfertigen", wird in der Denkschrift unterstrichen, die von der EKD-Kammer für soziale Ordnung unter dem Vorsitz von Professor Gert G. Wagner erarbeitet wurde.
(epd Niedersachsen-Bremen/b1925/06.07.08)
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