Ein Fisch in der Nordkurve

Nachricht 21. Juni 2008

Fußball-Anhänger gründen christlichen Fanclub "These 96"

Von Michael Grau

Hannover (epd). Im Alter von neun Jahren hat es ihn gepackt. Damals war der Religionspädagoge André Lang (28) mit seinem Vater zu einem der ersten Besuche im Fußball-Stadion von Hannover 96. "Es war ein 0:0 gegen den 1. FC Saarbrücken vor 3.500 Zuschauern bei Nieselregen" erinnert er sich. Für andere ein Grottenkick, für ihn ein Urerlebnis: "Ich glaube, es gibt kaum einen anderen, der in einem so tristen Spiel zum Fan wurde." Jetzt hat der angehende Diakon einen ungewöhnlichen Verein gegründet: "These 96", Hannovers ersten christlichen Fanclub.

50 Mitglieder stehen schon auf der Vereinsliste, unter ihnen auch ein fußballbegeisterter Pastor. Die meisten sind zwischen 16 und 30 Jahre alt und treffen sich regelmäßig in der Jugendkirche in der Nordstadt. Irgendwann stellten sie fest, dass sie nicht nur das Interesse an der evangelischen Jugendarbeit teilen, sondern auch die Leidenschaft für Fußball. "Fanclubs werden oft aus einer spontanen Laune heraus gegründet, und unser Hintergrund ist eben die Jugendkirche", sagt Lang.

In der Nordkurve der AWD-Arena hissen sie jetzt ihre grün-schwarze Fahne mit dem großen christlichen Fisch-Symbol, wenn sie ihren Lieblingsverein Hannover 96 anfeuern. Die Zahl 96, die an die Vereinsgründung im Jahr 1896 erinnert, hat sich für die evangelischen Fußball-Fans als recht ausbaufähig erwiesen: Sie fügten zu Martin Luthers 95 Thesen, die er 1517 an die Tür der Schlosskirche zu Wittenberg genagelt haben soll, einfach ihre "These 96" hinzu.

Mit dem Brückenschlag zwischen Kirche und Fußball folgt der Fanclub einer Entwicklung in anderen Städten. In Köln drücken die katholischen Fans von "tora et labora" ihrem 1.FC die Daumen, in Stuttgart die pietistischen "CVJM Buaben" dem VfB. In Hamburg jubelt die "Totale Offensive" mit freikirchlichem Hintergrund für den HSV und in Wolfsburg der Club "In christ united" für den VfL.

Die Fans fiebern aber nicht nur mit - sie kicken auch selbst. Die Fanclubs in Hannover - insgesamt "rund 96", wie sie selbst sagen - haben eine eigene Fan-Liga gegründet, die Himmel und Hölle in Bewegung setzt: Hier kämpft "These 96" gegen die "Red devils" oder die "Red onions" - und ist aktuell Tabellenführer. "Das schafft Respekt", schmunzelt André Lang. Oberstes Gebot für die christlichen Fan-Kicker: "Wir wollen durch Fairness glänzen", betont Club-Mitglied Paul Derabin (20).

Für ihn und seine Freunde steht "These 96" aber auch für soziales Engagement. So schwebt ihnen vor, Kinder im Stadion zu betreuen. "Live dabei zu sein ist ein Event, das durch das Fernsehen nicht zu ersetzen ist", sagt Lang. Durch Verhandlungen mit Hannover 96 will der Club vergünstigte Karten für die Jungen und Mädchen besorgen. Und zur Not soll ein Zuschuss aus der Kirchen-Kasse helfen: "Es darf nicht daran scheitern, dass sie es sich nicht leisten können."

Für die Fan-Arbeit hat "These 96" sogar schon Sponsoren gefunden. Die "Buchhandlung an der Marktkirche" stiftete einen Satz Trikots, und auf Trainingsjacken prangt der Schriftzug des evangelischen Krankenhauses "Henriettenstiftung". André Lang ist überzeugt: "Die Kirche muss dort zu sehen sein, wo sie nicht unbedingt erwartet wird."

Internet: www.these96.de

(epd Niedersachsen-Bremen/b1690/18.06.08)
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