Stuttgart (idea). Heftige Kritik am Reformprogramm der EKD hat die Theologieprofessorin Isolde Karle (Bochum) geübt. Die Umsetzung des 2006 erstellten Impulspapiers „Kirche der Freiheit“ soll bewirken, dass die Kirche trotz des gegenwärtigen Abwärtstrends wieder wächst.
Angestrebt wird eine Steigerung des Gottesdienstbesuchs von vier auf zehn Prozent sowie eine hundertprozentige Tauf-, Trau- und Bestattungsquote in evangelischen Familien. Solche Forderungen seien „vollkommen unrealistisch“, sagte Frau Karle beim Kongress „Wachsende Kirche“ der württembergischen Landeskirche, der am 11. und 12. April in Stuttgart stattfand.
Die EKD-Pläne würden kirchliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, insbesondere Pastorinnen und Pastoren, mittel- und längerfristig entmutigen, auslaugen und erschöpfen. Die EKD unterstelle zudem, dass die Kirche den Prozess der Glaubensaneignung beeinflussen könne. „Im Sog der Logik von Unternehmensberatern scheint die Kirche zuweilen die Sensibilität dafür zu verlieren, was sie steuern kann und was nicht“, so Frau Karle. Eine Gleichsetzung der Kirche mit einem Wirtschaftsunternehmen sei grundsätzlich problematisch, weil man „den Glauben nicht wie ein Auto herstellen“ könne.
Auch die von der EKD empfohlene Zentralisierung kirchlicher Dienste und Einrichtungen wird von Frau Karle kritisiert. Während Städte und Betriebe zunehmend den Wert dezentraler Strukturen schätzten und mit Büros, Paketdiensten und Bestattungsinstituten in möglichst vielen Orten wieder präsent sein wollten, propagiere die Kirche einen Rückzug aus der Fläche, um in ihren Zentren mehr Geld, Zeit und Personal investieren zu können. Die angestrebte Radikalität sei weder aus theologischer noch aus soziologischer Perspektive nachvollziehbar.
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