Kirche will wieder bei Castortransport vermitteln

Nachricht 09. November 2006

Gorleben (epd). Die evangelische Kirche will während des anstehenden Castortransportes nach Gorleben erneut bei Konflikten zwischen Polizei und Demonstranten vermitteln. Rund 35 Seelsorgerinnen und Seelsorger werden im Einsatz sein, sagte Pastor Peter Kritzokat aus Bad Bevensen, der das Team koordiniert. Die Vermittler tragen eine Weste mit der Aufschrift "Seelsorger", um erkennbar zu sein. "Im Vorfeld haben wir mit allen Gespräche geführt", sagte Kritzokat.

Zugleich begleiten nach Angaben des zuständigen Pastors der hannoverschen Landeskirche, Jobst-Heinrich Ubbelohde, sieben evangelische und katholische Seelsorger, die Polizisten aus Niedersachsen. Weitere reisten mit den Einsatzkräften anderer Bundesländer an, sagte Ubbelohde. Sie seien zumeist auch im Alltag mit dem Dienst in der Polizei beauftragt.

Einige Kirchengemeinden an der Transport-Strecke wollen nach Angaben aus dem Kirchenkreis Lüchow-Dannenberg wieder ihre Gemeindehäuser als Nachtquartier für auswärtige Demonstranten öffnen. Während des Castor-Transportes und der Proteste gebe es in vielen Orten Andachten und Gottesdienste, sagte Kritzokat.

(epd Niedersachsen-Bremen/b3032/09.11.06)
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Die "Seelsorger-Weste" wird noch gebraucht - Pastoren kehren zum Castortransport ins Wendland zurück

Von Karen Miether (epd)

Gorleben (epd). Vor fast zwei Jahren hat Peter Kritzokat sein Leitungsamt als Superintendent in Dannenberg aufgegeben, weil er sich zunehmend belastet fühlte. Doch eine strapaziöse Aufgabe hat der 62-Jährige nicht hinter sich gelassen. Wenn der Castortransport nach Gorleben rollt, sieht der Pastor seinen Platz im Wendland: im Team der Seelsorger, unter Polizisten und Demonstranten auf der Straße. "Dann kann ich nicht Zuhause auf dem Sofa sitzen."

Heute lebt Kritzokat als Pastor im 42 Kilometer entfernten Bad Bevensen. Die weiße Weste mit der Aufschrift "Seelsorger" hängt aber immer noch in seinem Schrank. Von diesem Freitag an wird er sie brauchen. Dann nimmt er Quartier in Dannenberg beim Ruhestandspastor Eberhard Malitius. Mit anderen Kollegen bilden sie das Team "Dannenberg-Mitte", das bei Konflikten Gewalt verhindern will.

In Dannenberg werden die Atommüllbehälter vom Zug auf Straßentransporter umgeladen. Im Gemeindehaus am Kirchplatz des Ortes übernachten Demonstranten. Noch vor zwei Jahren wohnte Kritzokat über dem Büro, das wieder Schaltstelle für den Einsatz der Seelsorger ist. Auch mit mehr räumlichen Abstand koordiniert er diese Arbeit: "Die kalten Nächte auf der Straße haben uns über ein Jahrzehnt zusammengeschweißt."

Rund 35 Seelsorger zählt das Team in diesem Jahr. Kritzokat ist dabei nicht der Einzige, der zurückkehrt, um die Kollegen im Wendland zu unterstützen. "Uns motiviert die Erfahrung, dass der Dienst sowohl in ganz bitteren als auch in schönen Momenten sinnvoll ist", sagt er. Pastorin Meike Drude und ihr Mann, Diakon Henning Schulze-Drude, werden aus Wittingen anreisen, wo sie seit September leben.

In ihrer neuen Gemeinde, die nur zwei Landkreise von Lüchow-Dannenberg entfernt liegt, scheint das Atommüllproblem für viele weit weg, sagt Meike Drude. In Rebenstorf bei Lüchow, wo sie zwölf Jahre lang Pastorin war, sei es präsent gewesen. "Das hat dazu geführt, dass ich mich mit der Region identifiziere und die Menschen nicht alleine lassen will", sagt sie. Die ungelöste Frage der Atommüll-Lagerung gehe alle etwas an.

Wenn Drude sich dann etwa um Demonstranten kümmern wird, die in Gewahrsam genommen werden, tut sie das mit Einverständnis ihrer Dienstherren. Die hannoversche Landeskirche sehe im Einsatz, den die Seelsorger seit elf Jahren leisten, eine gesamtkirchliche Aufgabe, sagt der Uelzener Propst Wolf von Nordheim. Er ist Vorsitzender des Landessynodalauschusses der Synode, eines der fünf kirchenleitenden Gremien der größten evangelischen Landeskirche in Deutschland.

Von Nordheim wird ebenfalls als Vermittler auf die Straße gehen. "Das Absurde ist aber, dass sich dort die Falschen gegenüber stehen. Weder die Einwohner des Landkreises Lüchow-Dannenberg noch die Polizei wollen diese Transporte", sagt er. Auch die Kirche lehne es ab, Atommüll ins oberirdische Zwischenlager Gorleben zu schaffen. Wie die Demonstranten fordere sie eine politische Lösung des Atomproblems.

(epd Niedersachsen-Bremen/b3033/09.11.06)
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