Landesbischöfin: Kirche hat zentrale Rolle bei Wertevermittlung

Nachricht 16. Mai 2006

Essen/Hannover (epd). Die hannoversche Landesbischöfin Margot Käßmann hat die zentrale Bedeutung der Kirchen für die Vermittlung von Werten hervorgehoben. Ein gemeinsamer Wertekanon sei grundlegend für eine Gesellschaft, die eine Zukunft haben wolle, sagte die evangelische Theologin am Dienstag in Essen. Die christlichen Werte seien dafür zwar nicht die einzig möglichen, sie stellten aber "ein gewichtiges Angebot" dar.

Käßmann forderte die Kirche auf, sich nicht "in eine fromme Ecke" zu verkriechen, sondern "Verantwortung für unser Land" zu übernehmen. Als wichtigen Baustein zur Wertevermittlung nannte Käßmann in der Essener Marktkirche die christliche Erziehung. Weitere Beispiele für christliche Wertevermittlung seien die zehn Gebote, die zwei Drittel der Deutschen für verbindlich hielten, Solidarität und Gerechtigkeit, die Einbindung in ein christlich geprägtes Europa und der Umgang mit dem Tod.

In diesem Zusammenhang kritisierte die Bischöfin die Gründung der Schweizer Sterbehilfeorganisation "Dignitas" in Hannover als falsche Antwort auf die verständliche Angst vor fremdbestimmtem Sterben. Stattdessen forderte Käßmann, die Hospizbewegung, die Palliativmedizin und Patientenverfügungen müssten gestärkt und "das Sterben als Teil des Lebens" wahrgenommen werden.

Die 47-jährige Theologin wies erneut den Vorwurf zurück, das Bündnis für Erziehung des Bundesfamilienministeriums und der Kirchen sei einseitig ausgerichtet. Die beiden großen Kirchen versammelten täglich in 20.000 Kindertagesstätten 1,2 Millionen Kinder. "Warum darf die Politik nicht mit ihnen als Anbieterin auf dem Markt der Werte sprechen?" fragte Käßmann. Als Vertreterin der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) habe sie gleichwohl dazu geraten, alle Träger von Kindertageseinrichtungen einzuladen und nicht nur die Kirchen.
(epd Niedersachsen-Bremen/b1318/16.05.06)
Copyright: epd-Landesdienst Niedersachsen-Bremen