Hannover/Loccum (epd). Die hannoversche Landeskirche sieht sich in einer Konkurrenz mit anderen Institutionen um ehrenamtliche Mitarbeit. "Wir brauchen klare Konzepte für freiwilliges Engagement", sagte Pastor Rainer Bungenstock von der evangelischen Heimvolkshochschule Loccum am Freitag vor Journalisten in Hannover: "Wir sind auf einem Markt, es kommt auf Qualität an." Am Wochenende startet die Kirche daher eine zweijährige Untersuchung zum Ehrenamt. In der Landeskirche sind rund 100.000 Menschen ehrenamtlich und 29.000 hauptamtlich tätig.
Das Projekt beginnt mit einer Tagung in Loccum bei Nienburg. Rund 50 Ehrenamtliche aus 15 ausgewählten Gemeinden zwischen Harz und Nordsee sollen sich dabei regelmäßig über ihr Engagement austauschen und die Bedingungen unter die Lupe nehmen, unter denen sie tätig sind - etwa für Kinder oder Kranke, auf Jugendfahrten oder in Besuchsdiensten. Am Ende sollen konkrete Empfehlungen für die Praxis stehen, zum Beispiel für die Begleitung, Qualifizierung und Anerkennung der Ehrenamtlichen. An den Projektkosten von 160.000 Euro beteiligen sich die Hanns-Lilje-Stiftung und die Klosterkammer Hannover mit je 35.000 Euro.
Derzeit engagierten sich vor allem Frauen und ältere Menschen freiwillig für die Kirche, sagte Pastor Heinrich Grosse vom Sozialwissenschaftlichen Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Auch bei den unter 30-Jährigen sei die Zuwachsrate steigend. Hingegen sei die mittlere Generation unterrepräsentiert: "Viele Männer haben nicht das Gefühl, dass ihre Interessen und Kompetenzen hier einen Ort finden könnten." Gegenüber früheren Zeiten habe die Kirche zudem an Sozialprestige verloren. Heute komme es darauf an, ob ein Ehrenamt Spaß mache. Kirchlich Engagierte verfügten derzeit in der Regel über ein vergleichsweise hohes Einkommen und einen hohen Bildungsstand, führte Grosse aus. Sozialhilfeempfänger oder Migranten seien seltener vertreten. Nach Ansicht von Pastor Albert Wieblitz, der seit Mai neuer Beauftragter für die Arbeit mit Ehrenamtlichen ist, wird die Volkskirche ihre Standards in Zukunft nur mit ehrenamtlicher Hilfe aufrecht erhalten können: "Die vergangenen 40 Jahre waren durch hauptberufliche Arbeit geprägt wie sonst nie. Diese Phase geht jetzt zu Ende."
(epd Niedersachsen-Bremen/b1279/12.05.06)
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