Von Jörg Nielsen (epd)
Brake /Kr. Wesermarsch (epd). Die Karaoke-Anlage ist schon installiert. "Das mögen die asiatischen Seeleute so gerne", sagt die evangelische Pfarrvikarin Verena Wilhelm und lacht dabei. Vom 21. April an kümmert sie sich mit ihrem katholischen Kollegen Franz Wellerding im Hafen von Brake um Seeleute aus aller Welt. In dem bundesweit ersten ökumenischen Seemannsclub können die Matrosen mit ihren Familien telefonieren, E-Mails schreiben oder einfach ein paar nette Stunden verbringen, sagt Wilhelm.
"Der Beruf des Seemanns hat heute nichts mehr mit Romantik zu tun", erläutert Franz Wellerding. Dabei sind die Liegezeiten in Brake mit durchschnittlich eineinhalb Tagen relativ lang. Meist haben die Matrosen von den Philippinen, aus China, Polen, Russland oder der Ukraine nur wenige Stunden Landgang, bevor es wieder für Wochen oder gar Monate auf See geht.
Manche Männer sehen ihre Familie ein ganzes Jahr nicht, berichtet Wilhelm: "Ein Anruf zu Hause oder E-Mails zu schreiben ist für den Seemann das Wichtigste, wenn er an Land kommt." Vier Telefonkabinen und vier moderne Internetplätze stehen zur Verfügung. Danach ist Zeit, sich zu erholen. "Einfach mal andere Gesichter sehen, als die 12 bis 20 Mann an Bord und über andere Dinge reden." Neben einer gut ausgestatteten Bar gibt es im "Seamen's Club" einen Fernseher, der mehr als 1.000 Programme empfängt. "Hier kann jeder Seemann Nachrichten aus seiner Heimat und in seiner Sprache sehen", sagt die 30-jährige Theologin.
Der neue "Seamen's Club" steht den Besatzungen der Schiffe in Brake, Elsfleth und Nordenham offen. Das Problem: Seit den Terroranschlägen des 11. Septembers 2001 gelten in allen Häfen der Welt strenge Sicherheitsvorschriften. Hält sich ein Kapitän oder ein Hafen nicht an diese Gesetze, muss er bei der Einfahrt in US-amerikanische Häfen mindestens mit langen Wartezeiten rechnen oder darf seine Ladung überhaupt nicht löschen.
Für die Seeleute von Schiffen aus Nordenham heißt das, sie müssen den einen Sicherheitsbereich verlassen und in Brake wieder in den nächsten hinein. "Oft geht das mit einem Landgangsausweis, den der Kapitän ausstellt", sagt der evangelische Seemannspastor Volker Wittkowski aus Nordenham. "Doch bei Crews zum Beispiel aus Pakistan, die ein Visum brauchen, ist das schwieriger". Der Theologe verhandelt gerade mit dem Bundespolizeiamt in Hamburg über eine unbürokratische Lösung.
Verena Wilhelm und Franz Wellerding suchen Ehrenamtliche, die Lust haben, sich im "Seamen's Club" zu engagieren oder die Besatzungen an Bord zu besuchen. Auch eine Stelle für ein Freiwilliges soziales Jahr oder einen Zivildienstleistenden sind noch zu besetzen. Interessierte können sich an verena.wilhelm@seemannsmission.org wenden.
(epd Niedersachsen-Bremen/b0971/12.04.06)
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